Werden nächste Verwandte durch den Erblasser in einem Testament von der Erbfolge ausgeschlossen, so haben sie einen Pflichtteilsanspruch. Der Pflichtteilsanspruch ist die Hälfte der gesetzlichen Erbquote als Geldanspruch. Der Pflichtteilsberechtigte selbst hat keinerlei Mitspracherecht am Nachlass. Es wird ihm nur eine Mindestteilhabe am Nachlass in Geld gewährt.
Der Erblasser hat auf Grund seiner Testierfreiheit die Möglichkeit, alle seine nächsten Verwandten zu enterben. Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist jedoch geregelt, dass die nächsten lebenden Verwandten trotz allem dann einen Pflichtteilsanspruch haben. Damit der Erblasser den Pflichtteilsanspruch zu Lebzeiten nicht umgehen kann, stehen den Pflichtteilsberechtigten sogenannten Pflichtteilsergänzungsansprüche zu. Diese beziehen sich im Regelfall auf Schenkungen der letzten 10 Jahre, wobei es unter gewissen Voraussetzungen auch keinerlei zeitliche Begrenzung hierbei gibt.
Die gesetzlichen Vorschrift über die sogenannten Anrechnung und Ausgleichung in §§ 2315, 2316 BGB bieten einen weiteren Schutz des Pflichtteilsberechtigten, wenn der Erbe oder der Pflichtteilsberechtigte selbst bereits anrechnungspflichtige Vorempfänge erhalten haben. Gibt der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten einen Erbteil kleiner als sein Pflichtteilsanspruch, so sieht das Gesetz zum Schutz des Pflichtteilsberechtigten den sogenannten Pflichtteilsrestanspruch vor, welcher in den §§ 2305-2308 BGB geregelt ist.
Der Pflichtteilsanspruch ist die Hälfte der gesetzlichen Erbquote als Geldanspruch. Es muss demnach zunächst die gesetzliche Erbquote des Pflichtteilsberechtigten ermittelt werden, diese ist dann zu halbieren und anschließend ist anhand des Nachlasses inclusive anrechnungsfähiger Schenkungen bzw. auszugleichender Zuwendungen die Höhe des Pflichtteilsanspruchs über den Pflichtteilsberechtigten zu ermitteln. Neben dem Pflichtteilsanspruch aus dem Nachlass, gibt es noch den sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch aus Zuwendungen des Erblassers zu Lebzeiten, wobei jeder Pflichtteilsberechtigte unter gewissen Voraussetzungen den sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch hat.
Pflichtteilsberechtigte sind, wenn sie durch eine letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) von der Erbfolge ausgeschlossen sind, der Ehegatte des Erblassers, seine Kinder und – wenn keine Kinder vorhanden sind – die Eltern des Erblassers. Ist ein pflichtteilsberechtigtes Kind vor dem Erblasser verstorben, so rücken dessen eigene Kinder, demnach die Enkel des Erblassers, in die Stellung als Pflichtteilsberechtigten für das vorverstorbene Kind ein. Weitere Pflichtteilsberechtigte sieht das Gesetzt nicht vor.
Nicht pflichtteilsberechtigt sind immer die Geschwister des Erblassers, Neffen und Nichten, Großeltern, Onkel, Tanten, Cousin und Cousinen. Die Eltern des Erblassers sind nur pflichtteilsberechtigt, wenn der Erblasser ohne Hinterlassung von eigenen Kinder verstorben ist und die Eltern in seiner letztwilligen Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen hat.
Der gesetzliche Pflichtteil ist die Hälfte der gesetzlichen Erbquote in Geld. Hier finden Sie weiterführenden Informationen zur Höhe und Berechnung des Pflichtteils.
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Der Pflichtteilsanspruch als Geldanspruch errechnet sich aus der sog. Pflichtteilsquote anhand des Nachlasswertes. Die Pflichtteilsquote ist die Hälfte der gesetzlichen Erbquote. Die Pflichtteilsquote selbst ist dann mit dem Nachlasswert zu multiplizieren und ergibt dann den sog. Pflichtteilsanspruch in Geld. Der Nachlasswert errechnet sich aus der Erbmasse des Erblassers bezogen auf den Todestag. Es gilt somit das sog. Stichtagsprinzip. Hier gibt es auf der einen Seite die sogenannten Aktiva von denen dann die sogenannten Passiva abzuziehen sind.
Unter Aktiva fallen beispielsweise Immobilienvermögen, Bankvermögen, Wertpapiere, Aktien, Schmuck, Pkws, Motorräder, Sammlungen etc..
Die Passiva sind die sogenannten Erbfallkosten und die Erblasserverbindlichkeiten. Erbfallkosten sind alle Kosten, welche im Zusammenhang mit dem Tod und mit der Beerdigung des Erblassers stehen. Erblasserverbindlichkeiten sind Schulden, welche der Erblasser hinterlässt. Dies sind im Regelfall noch Rechnungen von Krankenhaus bzw. Pflegeheim, Apothekenrechnungen u.a. offene Rechnungen.
Werden die Passiva von den Aktiva abgezogen, so ergibt dies dann den sog. Nettonachlass. Dieser gilt als Grundlage für die Pflichtteilsberechnung. Weiter gibt es noch den sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch anhand Schenkungen des Erblassers. Hier gilt bei reinen Geldschenkungen bzw. reinen Immobilienschenkungen die sogenannte 10-Jahresfrist mit einer Abschmelzung. Bei Schenkungen mit eigenem Wohnungsrecht bzw. Nießbrauch und bei Schenkungen unter Ehegatten gibt es eventuell keinerlei zeitliche Begrenzung. Weiter sind noch ausgleichungspflichtige Zuwendungen bzw. anrechnungspflichtige Zuwendungen zu beachten. Auch diese beeinflussen dann den Pflichtteilsanspruch.
Der Pflichtteilsanspruch selbst entsteht mit dem Tod. Dies bedeutet, dass der Pflichtteilsberechtigte nach dem er die letztwillige Verfügung durch das zuständige Nachlassgericht übersendet bekommen hat, sich selbst an den Erben oder die Erben wenden muss. Hintergrund ist, dass der Pflichtteilsanspruch in drei Jahren ab Beginn des nächsten Jahres, in welchem ich das Testament erhalten habe und auch Kenntnis vom Tod des Erblassers, verjährt.
Beim Pflichtteilsergänzungsanspruch, wenn der Nachlass nicht zur Bezahlung ausreichend ist, gilt sogar eine strikte Dreijahresfrist ab dem Todestag, unabhängig von der Kenntnis vom Tod und der mich enterbenden Verfügung.
Als Pflichtteilsberechtigter wende ich mich dann an den Erben, welcher mir ein Nachlassverzeichnis übersenden muss. Anhand des Nachlassverzeichnisses kann ich dann meinen Pflichtteilsanspruch bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruch ausrechnen und diesen Betrag dann beim Erben fordern.
Zu Lebzeiten ist ein Pflichtteilsanspruch noch nicht entstanden, jedoch kann sich der potentielle Pflichtteilsberechtigte mit dem zukünftigen Erblasser über seinen zukünftigen Pflichtteilsanspruch einigen. Der Pflichtteilsberechtigte kann auf diesen Anspruch verzichten, dies muss jedoch vor einem Notar geschehen. Weiter kann man auch vorzeitig den Pflichtteilsanspruch bereits zu Lebzeiten durch eine Geldzahlung oder Immobilienzuwendung abgelten. Auch dieser Verzicht ist dann notariell durchzuführen, da er ansonsten unwirksam ist.
Wichtig ist zu beachten, dass zu Lebzeiten des Erblassers der Erblasser Pflichtteilsberechtigten nicht zu einem notariellen Pflichtteilsverzicht zwingen kann. Auf der anderen Seite kann der Pflichtteilsberechtigte auch zu Lebzeiten des Erblassers nicht den potentiellen zukünftigen Erblasser zwingen, ihm seinen künftigen Pflichtteilsanspruch auszubezahlen. Folge hiervon ist, dass eine Regelung über den zukünftigen Pflichtteilsanspruch zu Lebzeiten des Erblassers immer nur einvernehmlich vor einem Notar erfolgen kann.
Wendet sich der Pflichtteilsberechtigte an den Erben und erteilt der Erbe keinerlei Auskunft gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten oder weigert sich der Erbe sich den Pflichtteilsanspruch zu bezahlen, so hat der Pflichtteilsberechtigte zu unverjährter Zeit des Pflichtteilsanspruchs die Möglichkeit, den Pflichtteilsanspruch klageweise beim zuständigen Amts- oder Landgericht zwangsweise durchzusetzen. In den Fällen, in denen der Erbe vorab gar keine Auskunft gegeben hat, kann der Pflichtteilsberechtigte eine sogenannte Stufenklage gegen den Erben erheben. Die Stufenklage beinhaltet in der ersten Stufe den Auskunftsanspruch. Nachdem die Auskunft erteilt worden ist, kann der Pflichtteilsberechtigte abhängig vom Inhalt der Auskunft eventuell einen Wertermittlungsanspruch gegenüber dem Erben geltend machen. Der Erbe muss dann beispielsweise eine Immobilie über einen Sachverständigen deren Wert ermitteln lassen. Liegen dann die entsprechenden Werte für den Nachlass vor, kann der Pflichtteilsberechtigte in der dritten Stufe seinen Zahlungsanspruch gegenüber dem Erben beziffern.
Beim Pflichtteilsanspruch ist zu beachten, dass dieser sofort mit dem Erbfall fällig wird. Dies gilt unabhängig von Kenntnis vom Erbfall und der mich enterbenden Verfügung. Weitere Folge ist, dass bereits mit dem ersten Aufforderungsschreibens seitens des Pflichtteilsberechtigten eine Verzinsung des Pflichtteilsanspruchs erfolgt, obwohl dessen Höhe nicht feststeht. Der Pflichtteilsanspruch ist mit 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen. Dies ergibt einen aktuell extrem hohen Zinssatz. Dies bedeutet für den Erben, dass eine unstrittige Pflichtteilsanspruchshöhe sofort zu bezahlen ist, um die Zinszahlungen in exorbitanter Höhe zu vermeiden.
Im Gesetzt steht, dass ein Pflichtteilsanspruch seitens des Erben gestundet werden kann. Jedoch gibt es hierfür extrem hohe Hürden. Der Pflichtteilsanspruch ist dem Erben zu stunden, wenn die Auszahlung des Pflichtteilsanspruchs für den Erben eine außergewöhnliche Härte wäre. Diese liegt nach aktueller Rechtsprechung nur vor, wenn ein sehr alter Erbe das Hausanwesen, in welchem er seit Jahren gewohnt hat, verkaufen müsste, um den Pflichtteil zu bezahlen und ihm dies auf Grund seiner gesundheitlichen Situation nicht zuzumuten ist. Im Regelfall wird deshalb ein Stundungsantrag seitens des Erben keinen Erfolg haben, da der Erbe ja Erbmasse geerbt hat und somit auch Bankguthaben bzw. Immobilienguthaben zur Verfügung steht, welches dann zur Regulierung des Pflichtteilsanspruchs eingesetzt werden kann.
Der Pflichtteilsanspruch entsteht in dem Jahr, in welchem ich kumulativ vom Todesfall und der mich enterbenden Verfügung Kenntnis erhalten habe. Anschließend beginnt die Verjährung mit Beginn des nächsten Jahres und dauert drei Jahre an. Ist der Nachlass nicht mehr werthaltig und ich habe einen sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch in diesem Bereich nach § 2329 BGB, so beginnt die Verjährung taggenau am Todestag und endet drei Jahre danach, jeweils sogar unabhängig ob ich Kenntnis vom Erbfall der mich enterbenden Verfügung habe.
Die Verjährung selbst kann jedoch durch den Pflichtteilsberechtigten gehemmt werden, wenn er rechtzeitig in unverjährter Zeit eine Pflichtteilsklage beim zuständigen Amts- oder Landgericht rechtshängig macht. Da dieses Verfahren im Regelfall sehr zeitaufwendig ist und lange andauert, ist dies eine Möglichkeit, eine Verjährung des Pflichtteilsanspruchs zu verhindern.
Die Ausschlagung eines Erbes ist mit vielen Fallstricken verbunden. Ist ein Miterbe mit einer Vor- und Nacherbschaft oder einem Vermächtnis, einer Testamentsvollstreckung, einer Testamentsvollstreckung oder Auflage belastet, so kann dieser Miterbe nach § 2306 BGB die Erbschaft ausschlagen und erhält anschließend unbelastet den Pflichtteilsanspruch. Hier muss jedoch beachtet werden, dass die Ausschlagungsfrist sehr kurz ist und alles im Regelfall zeitnah geschehen muss. Ist die Ausschlagungsfrist abgelaufen, so bleiben alle Beschränkungen leider bestehen.
Weiter ist bei der Ausschlagung zu beachten, dass sie nicht aus allen rechtlichen Gründen erfolgt. Dies könnte eventuell bedeuten, dass neben der Ausschlagung des Erbteils der Pflichtteilsberechtigte auch auf seinen gesetzlichen Pflichtteil verzichtet.
Schlägt der Pflichtteilsberechtigte sein Erbe aus, ohne dass er mit der Einsetzung eines Dritten als Nacherben, der Ernennung eines Testamentsvollstreckers, mit einer Teilungsanordnung beschränkt, mit einer Auflage oder einem Vermächtnis beschwert ist bzw. er als Nacherbe benannt wird, so verliert er dem Grunde nach auch immer sein Pflichtteilsrecht. In diesem Fällen besteht kein Wahlrecht gem. § 2306 BGB.
Der Pflichtteilsberechtigte hat die Möglichkeit zu Lebzeiten des Erblassers auf seinen Pflichtteil zu verzichten bzw. ein Pflichtteilsverzicht ist auch nach dem Tod des Erblassers möglich. Allerdings gibt es für beide Pflichtteilsverzichte unterschiedliche zwingende gesetzliche Vorgaben.
Zu Lebzeiten des Erblassers kann ein Pflichtteilsverzicht nur vor einem Notar abgeschlossen werden. Hintergrund des Formzwanges eines notariellen Pflichtteilsverzichtes ist, dass der Notar den Pflichtteilsberechtigten und den potentiellen zukünftigen Erblasser über die Konsequenzen seines Handelns belehren muss.
Nach dem Tod des Erblassers ist ein Pflichtteilsverzicht gegenüber dem Erben des Erblassers mit einfacher mündlicher Erklärung möglich. Zu Beweiszwecken sollte der Erbe bzw. die Erben sich jedoch den Pflichtteilsverzicht schriftlich bestätigen lassen, da in diesem Falle der Erbe die Beweislast hat, wenn der Verzichtende später sich eventuell nicht mehr an seinen Pflichtteilsverzicht erinnern möchte.
Eine Pflichtteilstrafklausel wird im Berliner Ehegattentestament verwendet. Sie bedeutet im Regelfall, dass derjenige Pflichtteilsberechtigte, der im Berliner Ehegattentestament im zweiten Erbfall beim Tod des überlebenden Ehegattens zum Alleinerben bzw. Miterben eingesetzt worden ist, durch die Geltendmachung des Pflichtteils im ersten Erbfall entgegen dem Willen des überlebenden Ehegattens auch im zweiten Erbfall nur den Pflichtteil erhält.
Hintergrund der Pflichtteilstrafklausel ist, dass eine Pflichtteilsgeltendmachung der Erben des zweiten Erbfalls im ersten Erbfall verhindert werden soll. Problematisch ist nämlich für den überlebenden Ehegatten bei der Geltendmachung des Pflichtteils im ersten Erbfall, dass er dann aus dem Nachlass des erstversterbenden Ehegatten den Pflichtteilsanspruch des Pflichtteilsberechtigten, der bekanntlich ein Geldanspruch ist, bezahlen muss. Befindet sich somit beispielsweise nur ein Hausanwesen im Nachlass, so könnte es dazu führen, dass der überlebende Ehegatte verpflichtet ist, das Hausanwesen zu verkaufen, damit er dann die Pflichtteilsansprüche beispielsweise eines Kindes, welches den Pflichtteil geltend gemacht hat, regulieren kann.
Möchten hier die Ehegatten eine 100 %ige Absicherung durchführen, so müssen Sie mit den Kindern zu Lebzeiten beider Ehegatten einen notariellen Pflichtteilsverzichtsvertrag abschließen.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass per Internet / Formular keinerlei Rechtsberatung stattfinden kann.
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