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Thomas Maulbetsch - Fachanwalt für Erbrecht in Obrigheim bei Mosbach

Die Ausschlagung einer Erbschaft und eines Vermächtnisses

1. Wirkungen einer Ausschlagung

Die Wirkung einer Ausschlagung ist, dass die Erbschaft als von Anfang an nicht angefallen gilt. Die Erbschaft fällt dann derjenigen Person an, die berufen wäre, wenn der Ausschlagenden zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte. Somit wird nach der gesetzlichen Erbfolge der Nächstberufene nach der wirksamen Ausschlagung Erbe, außer im Testament ist ausdrücklich eine Ersatzerbenregelung vorhanden. In diesem Fall geht die Ersatzerbenregelung vor.

2. Welche Gründe gibt es für oder gegen eine Ausschlagung?

Im Regelfall wird die Erbschaft ausgeschlagen, da befürchtet wird, dass der Nachlass überschuldet ist. Hier ist natürlich die Problematik mit der kurzen 6-Wochenfrist für die Ausschlagung. Es wird deshalb empfohlen, zunächst die Erbschaft automatisch nach 6 Wochen nach dem Zugang des Schreibens des Nachlassgerichts, wenn ein Testament vorhanden ist, anzunehmen. Stellt sich dann nach dem Ablauf der 6-Wochenfrist heraus, dass er Nachlass tatsächlich negativ ist, so kann die Annahme der Erbschaft unter gewissen Voraussetzungen angefochten werden. Auch hier ist wiederum die 6-Wochenfrist zu beachten ab dem Zeitpunkt, ab welchem beispielsweise zu 100 % feststeht, dass der Nachlass tatsächlich überschuldet ist.

Neben der Anfechtung der Annahme der Erbschaft kann auch noch die Haftung auf den Nachlass begrenzt werden. Hier soll jedoch nicht unterwähnt bleiben, dass Fehler bei der Haftungsbegrenzung automatisch zu einer Haftung des gesamten privaten Vermögens des Erben führen. Von daher sollte immer die Erbschaft innerhalb der 6-Wochenfrist ausgeschlagen oder nach der Annahme der Erbschaft die Annahme der Erbschaft angefochten werden.

3. Beeinflusst die Privatinsolvenz des Erbens die Erbausschlagungsmöglichkeit

Während eines Verbraucherinsolvenzverfahren ist der Schuldner nicht gezwungen, eine Erbschaft anzunehmen. Wird während des Verbraucherinsolvenzverfahrens das Erbe angenommen, so fällt die gesamte Erbschaft in die Insolvenzmasse. Während der sogenannten Wohlverhaltensphase besteht ebenso keine Verpflichtung, die Erbschaft anzunehmen. Hier ist jedoch die Hälfte des geerbten Vermögens an den Treuhänder herauszugeben.

Eine Ausschlagung kann auch zur Optimierung von Erbschaftsteuerfreibeträgen oder auch für den Ehegatten wirtschaftlich sinnvoller sein. Nach der Ausschlagung rücken die Nächstberufenen nach dem Gesetz oder nach dem Testament in die Erbenstellung des Ausschlagenden ein. Sind dies mehrere Personen, so kann eventuell ein höheres Erbschaftsteuerfreibetragspotential entstehen.

4. Taktische Ausschlagung - was ist das?

Für einen Ehegatten ist es eventuell möglich, mit einer Ausschlagung und dem dann vorliegenden konkreten Zugewinnausgleich mit dem sogenannten kleinen Pflichtteil mehr aus der Erbmasse zu erhalten, als wenn er Erbe geblieben wäre. Dies ist natürlich immer eine Prüfung des Einzelfalls.

Es gibt jedoch noch weitere Gründe in Bezug auf eine sogenannte taktische Ausschlagung. Hier wird dann die gesetzliche Regelung der Nachfolge des Nächstberufenen ausgenützt. Eventuell sind dies mehrere Personen, die dann eventuell höhere Freibeträge haben, als der zunächst Berufene. Auch hier kann dann mit einem Vertrag eventuell eine Zahlung an den Ausschlagenden vereinbart werden. Diese ist dann jedoch nach dem Erbschaftsteuergesetz für den Ausschlagenden zu versteuern.

5. Wie lange ist die Frist zur Ausschlagung?

Die Ausschlagung einer Erbschaft kann nur innerhalb von 6 Wochen erfolgen. Lebt der Erbe im Ausland, so sind dies 6 Monate. Die Ausschlagungsfrist beginnt, sobald der Erbe Kenntnis vom Anfall und Grund der Berufung erlangt. Liegt eine Verfügung von Todes wegen vor, so beginnt die Frist erst mit der Bekanntgabe der letztwilligen Verfügung durch das Nachlassgericht.

Wichtig ist zu wissen, dass mit dem Ablauf der Ausschlagungsfrist die Erbschaft automatisch angenommen wird. Danach ist eine Ausschlagung nicht mehr möglich, sondern nur die Anfechtung der Annahme. Bei einem Nacherben ist es möglich, die Nacherbschaft bereits mit dem Erbfall auszuschlagen. Die Frist zur Ausschlagung beginnt jedoch frühestens mit dem Eintritt des Nacherbfalls zu laufen, also mit dem „Anfall“ der Nacherbschaft.

6. Wo und vor allen Dingen wie ist die Ausschlagung zu erklären

Die Ausschlagung der Erbschaft ist gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht zu erklären. Hier bestehend die Möglichkeiten der Niederschrift beim zuständigen Nachlassgericht oder durch eine notariell beglaubigte Erklärung bei einem Notar Ihrer Wahl, der dann die Ausschlagungserklärung innerhalb der 6-Wochenfrist dem zuständigen Nachlassgericht zukommen lassen muss.

Bei der Ausschlagungserklärung können Sie sich vertreten lassen, jedoch muss Ihr Bevollmächtigter eine notariell beglaubigte Vollmacht von Ihnen innehaben, die dann auch im Original der Ausschlagungserklärung beizufügen ist oder zumindest dann innerhalb der Ausschlagungsfrist nachreichbar wäre.

7. Wann ist die Ausschlagungsfrist vorbei?

Wichtig ist zu wissen, dass die Erbschaft auch durch schlüssige Handlungen angenommen werden kann. Eignet sich ein Erbe beispielsweise Nachlassgegenstände an und überführt sie in sein Alleineigentum, so gilt dies bereits als Annahme der Erbschaft. Gleiches gilt, wenn Forderungen des Erblassers gegenüber dessen Gläubigern geltend gemacht werden. Auch die Stellung eines Erbscheinsantrags oder die Kündigung der Erblasserwohnung ist eine Erbschaftsannahme.

Ohne ausdrückliche Annahmehandlungen oder Erklärungen wird die Erbschaft automatisch nach 6 Wochen angenommen.

8. Kann ein Minderjähriger oder Betreuter eine Erbschaft ausschlagen?

Erben minderjährige Kinder eine Erbschaft, so können deren gesetzliche Vertreter innerhalb der 6-Wochenfrist die Erbschaft ausschlagen. Hierfür wird jedoch zwingend die Genehmigung des Familiengerichts benötigt, außer die Erbschaft fällt dem minderjährigen Kind durch die Ausschlagung eines Elternteils an.

Leben die Eltern des minderjährigen Kindes voneinander getrennt, so müssen trotzdem beide Sorgeberechtigte die Ausschlagung erklären. Die Prüfung der familiengerichtlichen Genehmigung hat auf den weiteren Fortgang der 6-Wochenfrist keine Auswirkung. Diese wird für den Zeitraum der Prüfung jeweils gehemmt.

9. Ist die Erbschaftsausschlagung auf einen Teil der Erbmasse begrenzt möglich?

Eine Ausschlagung der Erbschaft kann nicht auf Teile des Erbes beschränkt werden. Teilausschlagungen sind nach dem deutschen Recht unwirksam.

Auch eine Ausschlagung der Erbschaft unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung ist nach dem Gesetz unwirksam.

10. Was kostet eine Ausschlagung?

Bei einer Ausschlagung vor dem zuständigen Nachlassgericht wird eine sogenannte halbe Gebühr bezogen auf den Nachlasswert fällig, mindestens jedoch € 30,00. Die Ausschlagung eines überschuldeten Nachlasses kostet demnach die Mindestgebühr von € 30,00.

Bei der Eruierung des Nachlasswertes werden die Verbindlichkeiten von den Aktiva abgezogen. Bei einer notariell erklärten Ausschlagung fallen weitere Kosten an, insbesondere die Umsatzsteuer für die Notargebühr.

Weitere Fragen und Antworten

Kann man Ausschlagung einer Erbschaft rückgängig machen?

Liegt ein Anfechtungsgrund vor, so kann die Ausschlagung einer Erbschaft oder auch die Annahme der Erbschaft später angefochten werden. Die Anfechtungsgründe richten sich nach § 119 BGB und sind:

  1. Ein Irrtum über die Erklärungshandlung
  2. Ein Irrtum über die Erklärungsbedeutung, Inhaltsirrtum
  3. Ein Irrtum über die verkehrswesentliche Eigenschaft der Erbschaft
  4. Das Vorliegen einer arglistigen Täuschung
  5. Das Vorliegen einer widerrechtlichen Drohung und
  6. Das Vorliegen einer Falschübermittlung

Von höchster Praxisrelevanz ist insbesondere die Anfechtung wegen berechtigtem Inhaltsirrtum. Die Rechtsprechung ist hier sehr unüberschaubar. Wichtig ist hier zu beachten, dass bei einem Irrtum über die Person des Nächstberufenen oder bei einem Irrtum über den Wert des Nachlasses oder einzelner Gegenstände, ein Anfechtungsgrund nicht vorliegt. Wer beispielsweise ohne genaue Kenntnis von der Zusammensetzung des Nachlasses und ohne Bewertung ihm bekannter oder zugänglicher Fakten eine Erbschaft annimmt oder ausschlägt, kann später nicht wegen unbeachtlichem Motivirrtum anfechten. Auch ein sogenannter Rechtsfolgenirrtum als Irrtum über die Rechtsfolgen einer Willenserklärung ist unbeachtlich.

Ist eine Ausschlagung zur Erhaltung des Pflichtteils bei deren Nichtdurchführung noch korrigierbar?

Ein Irrtum eines Pflichtteilsberechtigten dahingehend, dass er als beschränkter oder beschwerter Pflichtteilsberechtigter Erbe eine Ausschlagung zur Erhaltung seines Anspruchs auf den Pflichtteil hätte tätigen müssen, ist nach der Rechtsprechung des BGH ein beachtlicher Anfechtungsgrund. Allerdings ist immer der Einzelfall zu prüfen.

Kann ein Vermächtnis auch ausgeschlagen werden?

Soll ein Vermächtnis ausgeschlagen werden, so ist dies jederzeit ab Eintritt des Erbfalls ohne Frist möglich.

Die Ausschlagungserklärung hier muss jedoch gegenüber dem Erben erklärt werden oder bei einem Untervermächtnis gegenüber dem Hauptvermächtnisnehmer.

Das Nachlassgericht spielt hier keine Rolle. Auch hier ist dann wieder zu prüfen, ob ein Ersatzvermächtnisnehmer benannt ist oder ob das Vermächtnis komplett wegfällt.

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