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Thomas Maulbetsch - Fachanwalt für Erbrecht in Obrigheim bei Mosbach

Auseinandersetzung des Nachlasses bei Erbengemeinschaften

Die gemeinsame Verwaltung eines Nachlasses bzw. deren Auseinandersetzung unter mehreren Miterben ist im Regelfall der Ausgangspunkt großer Streitigkeiten. Die Streitigkeiten werden normalerweise daraus hervorgerufen, dass die Entscheidungen der Erbengemeinschaft gemeinsam zu erfolgen haben und unterschiedliche Vorstellungen der einzelnen Miterben auf einander treffen. Jeder von Ihnen hat sicherlich bereits von Streitigkeiten im Rahmen einer Erbengemeinschaft gehört oder ist eventuell selbst davon betroffen gewesen. Ich möchte Ihnen mit meinen Ausführungen aufzeigen, welche Grundlagen der Verwaltung und der Auseinandersetzung der Miterbengemeinschaft vorliegen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Erbengemeinschaften bestehen immer aus mindestens 2 Miterben
  • Die Verwaltung der Miterbengemeinschaft muss im Regelfall einstimmig erfolgen
  • Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft sollte einvernehmlich erfolgen
  • Ein Miterbe kann nicht eine Immobilie alleine verkaufen
  • Selbst der kleinste Miterbenanteil kann eine streitige Auseinandersetzung durchsetzen

1. Wann entsteht eine Erbengemeinschaft

Eine Erbengemeinschaft entsteht, weil der Erblasser entweder kein Testament verfasst und mehrere Personen sogenannte gesetzliche Erben werden oder er mehrere Personen als Erben in seinem Testament eingesetzt hat. Mehrere Personen werden dadurch Miterben. In einer Erbengemeinschaft prallen unterschiedliche Ansichten von Miterben aufeinander.

Die Erbengemeinschaft hat zur Folge, dass jedem der Miterben ein entsprechender, seiner Erbquote zu bemessender Anteil am gesamten Nachlass zusteht. Die Erben müssen so dann den Nachlass zusammen verwalten bzw. können nur gemeinschaftlich über den Nachlass verfügen. Dieses einstimmige Handeln birgt ein ungeheures Streitpotential, auch für die Beendigung der Erbengemeinschaft.

2. Wer kann die Erbauseinandersetzung der Miterbengemeinschaft verlangen?

Grundsatz ist, dass jeder Miterbe jederzeit, auch gegen den Willen der anderen Miterben,  die Miterbenauseinandersetzung verlangen kann. Hier gibt es dann nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Miterben einigen sich einvernehmlich über die Auseinandersetzung der Miterbengemeinschaft oder es folgt ein streitige Auseinandersetzung, in dem alle vorhandenen Gegenstände entweder durch einen Pfandverkauf durch den zuständigen Gerichtsvollzieher versteigert werden oder bei Grundstücken zu einer sogenannten Teilungsversteigerung kommt. Folge ist dann letztendlich, dass Geld vorhanden ist. Das Geld kann dann anhand der Miterbenanteile verteilt werden. Dies ist eine sogenannten Teilung „in Natur“. Dies ist selbstverständlich bei Immobilien, wenn die Miterben sich nicht einigen können, nicht möglich.

Es besteht letztendlich noch die Möglichkeit einer sogenannten Erbteilungsklage. Dies ist jedoch mit extrem hohen Risiken verbunden und sollte letztendlich nur geltend gemacht werden, wenn sich nur noch ein Geldbetrag im Nachlass befindet und ein Miterbe die Auseinandersetzung trotzdem verweigert.

3. Ist eine teilweise Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft möglich?

Grundsatz ist hier, das eine teilweise Miterbenauseinandersetzung nicht möglich ist. Nach dem Gesetz ist die Erbengemeinschaft insgesamt aufzulösen. Diese Auseinandersetzung ist nur möglich, wenn sämtliche Nachlassverbindlichkeiten bezahlt worden sind und die Erben sich über die Miterbenauseinandersetzung einigen.

Eine sogenannten Teilerbauseinandersetzung über einen Teil des Nachlasses ist allerdings möglich, wenn alle Miterben einverstanden sind. Ein Miterben, der hierzu jedoch nicht zustimmt, kann zu einer Teilerbauseinandersetzung nicht gezwungen werden. Dies ist von der Rechtsprechung bereits mehrmals bestätigt worden.

Bei einer Teilerbauseinandersetzung besteht das Risiko, dass bereits zu hohe Beträge einvernehmlich seitens der Miterben aus dem Nachlass entnommen wurden und zeitlich später dann eventuell geltend gemacht Verbindlichkeiten nicht mehr bezahlt werden können. Hat ein Miterbe dann seinen Miterbanteil bereits verbraucht, so könnte er sich auf die sogenannte Entreicherung berufen und die anderen Miterben müssten dann seinen Anteil mitbezahlen. Von daher ist hier immer große Vorsicht geboten.

4. Ist eine Auszahlung aus der Erbengemeinschaft möglich?

Unter der Auszahlung aus einer Erbengemeinschaft wird landläufig verstanden, dass ein Miterbe die anderen Miterben dazu zwingen kann, dass dieser Miterbe gegen eine Geldzahlung der anderen Miterben die Miterbengemeinschaft verlässt. Dies ist im deutschen Recht nicht möglich.

Allerdings ist es möglich, dass die Miterben sich untereinander einigen, dass ein Miterbe die Erbengemeinschaft verlässt. Dies ist entweder über einen sogenannten Abschichtungsvertrag möglich oder über die Übertragung des Miterbenanteils des die Miterbengemeinschaft verlassenen Miterben an alle anderen Miterben oder nur an einen der Miterben. Verkauft ein Miterbe seinen Miterbenanteil an eine Person, die nicht Mitglied der Miterbengemeinschaft ist, so haben die anderen Miterben ein sogenanntes Vorkaufsrecht. Der Gesetzgeber möchte hier – was nachvollziehbar ist – die ursprünglichen Miterben davor schützen, dass Personen neue Miterben werden, die die alten Miterben nicht kennen oder zu denen eventuell ein schlechtes persönliches Verhältnis besteht.

5. Habe ich die Möglichkeit die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu erzwingen?

Die Frage ist eindeutig mit ja zu beantworten. Hier muss vorausgesetzt werden, dass eine einvernehmliche Miterbenauseinandersetzung oder ein einvernehmliches Ausscheiden eines Miterben aus der Erbengemeinschaft vorab erfolglos war.

Können sich die Miterben nicht über eine einvernehmliche Miterbenauseinandersetzung einigen, so kann jeder Miterbe, egal wie klein sein Miterbenanteil ist, die zwangsweise Auflösung der gesamten Miterbengemeinschaft einleiten. Folge dieses Verhaltens ist, dass jeder bewegliche Gegenstand, wie zum Beispiel Pkw, Motorräder und dergleichen, vom zuständigen Gerichtsvollzieher freihändig bei einem Pfandverkauf versteigert bzw. Immobilien im Rahmen einer sogenannten Teilungsversteigerung vor dem zuständigen Amtsgericht versteigert werden. Folge hiervon ist, dass sich letztendlich nur noch Geld im Nachlass befindet. Dieses Geld kann anschließend anhand der Miterbenquoten aufgeteilt werden.

Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass diese gesetzlichen Vorgaben erhebliches Potential haben, Streit in eine Miterbengemeinschaft zu bringen bzw. erhält jeder Miterbe durch diese gesetzlichen Regelungen die Macht, die anderen Miterben eventuell zu Handlungen in seinem Sinne zu zwingen.

6. Wie hoch sind die Kosten einer Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft?

Einigen sich die Miterben untereinander einvernehmlich auf eine Miterbenauseinandersetzung, so entfallen für diesen Vertrag keine Kosten. Sind allerdings Grundstücke im Nachlass, so ist zwingend ein notarieller Miterbenauseinandersetzungsvertrag zu schließen. Neben den Notarkosten fallen dann noch die Gebühren für die Grundbuchumschreibung an. Beim Notar steht dann hier eine sogenannten 2,0-Gebühr für die Beurkundung.

Allerdings besteht auch der Weg einer einvernehmlichen Auseinandersetzung der Miterbengemeinschaft über einen sogenannten Abschichtungsvertrag. Hier protokolliert der Notar nur die Unterschriften der Miterben unter den Abschichtungsvertrag. Den Inhalt des Abschichtungsvertrages prüft der Notar nicht. Hier fällt nur einen sogenannte ¼-Gebühr an.

7. Welche Fristen muss ich bei der Auseinandersetzung beachten?

Für die Miterbenauseinandersetzung gibt es keine Frist. Dies bedeutet, dass der Miterbenauseinandersetzungsanspruch nicht verjährt. Dies bedeutet beispielsweise, dass eine Miterbengemeinschaft über mehrere Jahrzehnte bestehen kann. Es ist selbstverständlich, dass beim Versterben eines Miterben dann dessen Erben weiter in die Miterbengemeinschaft als neue Mitglieder einrücken. Hier entstehen eventuell Miterbengemeinschaften mit einem unüberschaubaren Personenkreis.

Von daher sollte gemäß den gesetzlichen Grundlagen eine schnelle Auseinandersetzung der Miterbengemeinschaft angestrebt werden. Besteht hier keine Einigung für die Miterbengemeinschaft, kann jeder Miterbe selbst die Miterbengemeinschaft auflösen lassen. Sämtliche Nachlassgegenstände sind dann entweder zu versteigern oder per Pfandverkauf in Geld umzuwandeln.

Es sollte in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt werden, dass je länger eine Miterbengemeinschaft nicht auseinandergesetzt ist, desto höher besteht das Risiko, dass die Miterben sich untereinander verstreiten.

Einzige Ausnahme in Bezug auf die Auseinandersetzung der Miterbengemeinschaft ist, wenn der Erblasser selbst in seinem Testament angeordnet hat, dass die Miterbengemeinschaft eine gewisse Zeit bestehen muss und nicht aufgelöst werden darf. Aber auch hier der Hinweis: Die Miterben können sich gemeinschaftlich über dieses Auseinandersetzungsverbot hinwegsetzen, da im Regelfall ein Regieren aus dem Grab heraus seitens des Erblassers von den Miterben nicht gewünscht wird.

8. Der Erbauseinandersetzungsvertrag

Einigen sich die Miterben auf eine gemeinsame Miterbenauseinandersetzung, so ist der sogenannte Erbauseinandersetzungsvertrag abzuschließen. Dieser Vertrag sollte zunächst der Nachlassbestand des Erblassers am Todestag dokumentieren und letztendlich dann der Nachlassbestand am Tag der einvernehmlichen Auseinandersetzung. Weiter sind natürlich die Gegenstände den einzelnen Miterben zuzuweisen. Mit der Unterschrift von den Miterben ist die Miterbengemeinschaft beendet.

Der Erbauseinandersetzungsvertrag ist an eine bestimmte Form nicht gebunden. Sind allerdings Immobilien oder GmbH-Anteile im Nachlass, so ist eine notarielle Beurkundung zwingend vorgeschrieben.

Weichen die Miterben bei der Miterbenauseinandersetzung von den Miterbenquoten ab, so ist zu beachten, dass dann eventuell Schenkungssteuer anfallen könnte. Hier ist das verwandtschaftliche Verhältnis zwischen den Miterben entscheidend. Verzichtet beispielsweise im Rahmen einer Miterbenauseinandersetzung ein Kind gegenüber einem Elternteil auf € 30.000,00, so ist nach dem Erbschaftsteuergesetz der Freibetrag für eine Schenkung von einem Kind an ein Elternteil über € 20.000,00 und es wären demnach € 10.000,00 vom Elternteil als Schenkung zu versteuern. Im Rahmen der Miterbenauseinandersetzung müssen selbstverständlich auch ausgleichungspflichtige Zuwendungen gem. §§ 2050 ff. BGB und Vorempfänge sowie Ausgleichungsansprüche bei besonderen Leistungen bei Abkömmlingen berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für Pflegeleistungen eines Abkömmlings für den Erblasser, wenn mehrere Abkömmlinge vorhanden sind.

Weitere Fragen und Antworten

Welche Formvorschriften gibt es für die Erbauseinandersetzung?

Die Erbauseinandersetzung hat zunächst keine Formvorschriften. Jedoch ist die Schriftform für Beweiszwecke dringend gefordert.

Befinden sich im Nachlass Immobilien oder GmbH-Anteile ist zwingend ein notarieller Miterbenauseinandersetzungsvertrag abzuschließen. Hintergrund ist, dass durch den Erbauseinandersetzungsvertrag das Grundbuch berichtigt werden muss.

Wie ist der Nachlass durch die Miterbengemeinschaft zu verwalten?

Da die Miterbenauseinandersetzung im Regelfall eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, müssen die Miterben den Nachlass während dieser Zeit bis zur Beendigung den Nachlass gemeinsam verwalten. Im Regelfall sind dabei alle Entscheidungen mit einfacher Mehrheit der Miterbenquoten zu treffen. Allerdings sind nach dem Gesetz gewisse Entscheidungen zwingend einvernehmlich durchzuführen. Einvernehmlichkeit muss beispielsweise vorliegen, wenn die Miterben über einen Nachlassgegenstand verfügen. Dies könnte beispielsweise der Verkauf einer Immobilie sein, wobei in diesem Bereich die Rechtsprechung zahlreiche Auflockerungen des Einstimmigkeitsprinzips in den letzten Jahren ausgeurteilt hat.

Ein einzelner Miterbe selbst kann für die Miterbengemeinschaft sogenannte Notverwaltungsmaßnahmen durchführen. Eine Notverwaltungsmaßnahme liegt beispielsweise vor, wenn sich im Nachlass eine Immobilie befindet und es in die Immobilie auf Grund eines Blitzeinschlages in das Dach regnet. Kann hier der Miterbe wegen Eilbedürftigkeit die anderen Miterben nicht vorab über die Beauftragung eines Handwerkers informieren, kann er im Rahmen einer Notverwaltungsmaßnahme diesen Handwerker im Auftrag der Miterbengemeinschaft beauftragen. Er ist aber gesetzlich gezwungen, diese Tätigkeit umgehend den anderen Miterben ohne schuldhaftes zögern mitzuteilen.

Sie sehen aus diesen kurzen Ausführungen, dass die Verwaltung einer Miterbengemeinschaft höchst streitanfällig ist und ein hohes Konfliktpotential bei jeder einzelnen Maßnahme vorliegt. Dies gilt beispielsweise auch für die Räumung des Hauses oder der Wohnung des Erblassers. Hier könnte es sein, dass ein Miterbe dies aus Kostengründen oder aus persönlichen Gründen, um nochmal vom Erblasser Abschied nehmen zu können, selbst durchführen möchte, während beispielsweise andere Miterben hier ein Räumungsunternehmen beauftragen wollen.

Kann der Erblasser bereits im Testament einen möglichen Streit der Miterben verhindern oder die Erben entlasten?

Diese Frage ist mit einem klaren „Ja“ zu beantworten. Der Erblasser kann in seinem Testament die sogenannte Testamentsvollstreckung anordnen und einen Testamentsvollstrecker ernennen.

Die Ernennung eines Testamentsvollstreckers macht Sinn, wenn bereits abzusehen ist, dass die Miterben sich wahrscheinlich bei der Abwicklung streiten werden Diesen Streit kann der Erblasser mit der Anordnung einer Testamentsvollstreckung vermeiden. Der Testamentsvollstrecker wickelt dann den Nachlass anhand der Angaben des Erblassers ab und es kommt zu keinem Streit innerhalb der Miterben. Hier kann der Erblasser beispielsweise genau vorgeben, wie eine Immobilie zu verkaufen ist bzw. ob ein Miterben eventuell ein Vorkaufsrecht hat.

Mit der Testamentsvollstreckung können auch die Erben entlastet werden. Vielfach wohnen die Erben räumlich weit entfernt vom Erblasser und dessen Nachlasses oder sind bereits selber alt und haben eigene gesundheitliche Probleme. Auch hier kann ein Testamentsvollstrecker den Nachlass für die Erben abwickeln, die sich um nichts kümmern müssen.

Zum Schluss noch ein Tipp: Der Erblasser sollte immer einen Ersatztestamentsvollstrecker einsetzen, da der Wunsch-Testamentsvollstrecker eventuell vorversterben könnte oder selbst krank werden.

Weiterführende Hinweise gibt es meinem Video unter

In diesem Video informiert uns Thomas Maulbetsch, Fachanwalt für Erbrecht aus Obrigheim, zum Thema Testamentsvollstreckung im Testament.

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