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Thomas Maulbetsch - Fachanwalt für Erbrecht in Obrigheim bei Mosbach
11.06.2021

Die Ausgleichung für den Erblasser erbrachter Pflegeleistungen kann in einer letztwilligen Verfügung ausgeschlossen werden

Der Bundesgerichtshof hat sich mit Hinweisbeschluss vom 24.03.2021 – IV ZR 269/20 – in einem Revisionsverfahren zu einem Urteil des OLG Hamm, Urteil vom 22.09.2020 – 10 U 2/19 – zu folgender Fallgestaltung geäußert:

Die verwitwete Erblasserin hinterließ drei Kinder. Mit notariellem Testament vom 31.08.2015 setzte sie den Beklagten zum Alleinerben ein.

Dort hieß es u. a.: „Zur Begründung weise ich darauf hin, dass mein Sohn (Beklagter) seit dem Jahr 2007 meine Pflege und Betreuung übernommen hat. Hierzu führe ich im Einzelnen aus: Ich bin seit spätestens Oktober 2007 pflegebedürftig und bedarf der häuslichen Pflege. Diese Pflege wird ausschließlich allein von meinem Sohn (Beklagter) durchgeführt ………. Er verwaltet darüber hinaus auch das Mehrfamilienhaus und kümmert sich allein um die Grabpflege des Grabes meines verstorbenen Ehemannes.

Aus den genannten Gründen sollen die beiden anderen Kinder lediglich ihren Pflichtteil erhalten, wobei ich darauf hinweise, dass mein Sohn (Kläger) zur Anrechnung auf den Pflichtteil bereits 10.000,00 € am 18.10.2010 erhalten hat …………“

Ausschluss der Ausgleichung von Pflegeleistungen war strittig

Im Rechtsstreit war jetzt strittig, ob die Erblasserin die Ausgleichung von Pflegeleistungen nach § 2057a BGB ausgeschlossen hatte. Das OLG Hamm als Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die Ausgleichungspflicht gem. §§ 2316, 2057a BGB nicht vorliegt. Die Erblasserin hat die Ausgleichungspflicht für erbrachte Pflegeleistungen in ihrem notariellen Testament abbedungen. Für diesen Willen der Erblasserin spräche vor allem die Begründung der Einsetzung des Beklagten als Alleinerben.

Es wird weiter ausgeführt, dass ein Kürzungsrecht gem. § 2318 Absatz 1 BGB dem Beklagten nicht zusteht, obwohl die Abbedingung der Ausgleichungspflicht i. d. R. ein Vermächtnis sei, dem pflichtteilsberechtigten Vermächtnisnehmer allerdings gem. § 2318 Absatz 2 BGB der Pflichtteil verbleiben müsse.

Ausgleichung von Pflegeleistungen wird im Gesetz geregelt

Vor dieser Begründung des OLG Hamm hat der Bundesgerichtshof in seinem Hinweisbeschluss die Rechtsprechung als Hinweis an den Beklagten bestätigt.

Nach Angaben des BGH gehört § 2057a BGB zu den die Auseinandersetzung unter Miterben betreffenden Regelungen nach den §§ 2050 ff. BGB, wie bereits die Stellung dieser Norm im Gesetz zeigt. Der Gesetzgeber wollte mit der Vorschrift gerade die Fälle erfassen, in denen mangels letztwilliger Verfügung gesetzliche Erbfolge eintritt und daher ein Kind, das solche Leistungen erbracht hat, einen Ausgleich erhält. Auch bei § 2316 Absatz 1 BGB für die Berechnung des Pflichtteils, welcher auf § 2057a BGB verweist, gilt nichts anderes.

Entgegen der Ansicht der Revision war auch der Ausschluss der Ausgleichung seitens der Erblasserin nicht sittenwidrig.

Wirklicher Erblasserwille muss im Testament angedeutet sein

Das OLG Hamm kam bei seiner Auslegung des Testaments zur Erforschung des wirklichen Willens der Erblasserin durch die Andeutungen im Testament richtigerweise zu dem Ergebnis, dass ein Ausschluss vorliegt. Entgegen der Ansicht der Revision hat das OLG Hamm dem Umstand, dass die Erblasserin die Einsetzung des Beklagten als Alleinerben unter Ausschluss ihrer anderen beiden Kinder ausdrücklich mit dessen Pflege- und anderen Leistungen für sie begründet hat, entnehmen können, dass damit die Leistungen mit der Erbschaft abschließend kompensiert werden sollten und ein darüber noch hinausgehender Ausgleichungsanspruch ausgeschlossen sein sollte. Eine über den reinen Wortlaut hinausgehende Erforschung des Willens der Erblasserin hat es dem Berufungsgericht erlaubt, diese Feststellung auch ohne die Bezeichnung des Ausgleichungsanspruchs und ohne dessen ausdrücklichen Ausschluss zu treffen.

Es liegen auch laut dem Bürgerlichen Gesetzbuch – entgegen der Ansicht der Revision – nicht nur Motive der Erblasserin vor. Hier will die Revision ihre eigene Auslegung zur Geltung bringen.

Pflegeleistungen waren durch Alleinerbeinsetzung abgegolten

Das OLG Hamm hat auch die Inhalte der früheren Testamente richtig in Bezug auf den wirklichen Willen ausgelegt. Ihr Inhalt entspricht gerade der Annahme des Berufungsgerichts, dass die danach erfolgten Pflegeleistungen des Beklagten durch dessen Alleinerbeinsetzung im späteren Testament abgegolten sein sollten.

Abschließend weist der Bundesgerichtshof noch darauf hin, dass der Kürzungsanspruch nach § 2316 Absatz 1 Satz 1 BGB aufgrund des Vermächtnisses durch den Ausschluss des Ausgleichungsanspruchs aus § 2057a BGB unter Berücksichtigung des § 2318 Absatz 2 BGB ein Kürzungsrecht nicht verwirklicht.

Eigene Anmerkung von Fachanwalt Thomas Maulbetsch

Es liegt wieder einmal ein Rechtstreit vor, in welchem es strittig war, ob der Erblasser nur Motive für seine letztwilligen Regelungen mitgeteilt hat oder ob durch die weiteren Mitteilungen im Testament letztwillige Verfügungen erfolgt sind. Wäre das OLG Hamm bei der Auslegung zu dem Ergebnis gekommen, dass nur Motive der Erblasserin vorgelegen hätten, so wäre das Urteil entgegengesetzt ausgefallen.

Es kann nur dringlich darauf hingewiesen werden, ein Testament mit fachanwaltlicher Unterstützung zu erstellen, um kostspielige spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

 






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