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Thomas Maulbetsch - Fachanwalt für Erbrecht in Obrigheim bei Mosbach
21.04.2021

PKW als Vermächtnis und Geldersatz bei dessen lebzeitigem Verkauf durch den Erblasser vor dessen Tod

Das Oberlandesgericht hatte mit Hinweisbeschluss vom 26.11.2020 – 12 U 140/20 die folgende Fallgestaltung im Bezug auf ein Vermächtnis zu entscheiden:

Die verstorbene Erblasserin hatte in einem notariellen Testament ihren nichtehelichen Lebensgefährten einen Pkw VW Polo mit dem amtlichen Kennzeichen ….., gegebenenfalls das an dessen Stelle tretende Ersatzfahrzeug, vermächtnisweise zugewendet.

Die Erblasserin selbst verkaufte vier Monate vor ihrem Tod mangels dann bestehender Fahrtauglichkeit den Pkw und erzielte einen Erlös i.H.v. € 10.500,00.

Erlös aus Verkauf sollte Vermächtnisgegenstand ersetzen

Der Beklagte und nichteheliche Lebensgefährte und Vermächtnisnehmer wurde im notariellen Testament zum Testamentsvollster eingesetzt und überwies sich diesen Betrag als Testamentsvollstrecker zur Vermächtniserfüllung.

Die drei Miterben klagten anschließend gegen den Beklagten als Privatperson auf Rückzahlung der € 10.500,00 in den Nachlass.

Das zuständige Landgericht entsprach dem Klageantrag und das Oberlandesgericht teilt im Hinweisbeschluss mit, dass dem Beklagten nahegelegt werde, die eingelegte Berufung zurückzunehmen, um somit zwei Gerichtskosten zu sparen.

Vermächtnisgegenstand ging nicht unter und war nicht entzogen

In seinem Hinweisbeschluss teilte das Oberlandesgericht Koblenz mit, dass durch den Verkauf des Pkws dieser zum Zeitpunkt des Erbfalls unstreitig nicht mehr in der Erbmasse war und demnach die Rechtsfolge des § 2169 I BGB mit der Unwirksamkeit des Vermächtnisses eingetreten ist. Auch die Zweifelsvorschrift des § 2169 III BGB konnte der Beklagte als Vermächtnisnehmer nicht in Anspruch nehmen. Der Gegenstand war der Erblasserin nicht entzogen worden bzw. ist nicht untergegangen. Die freiwillige Veräußerung durch die Erblasserin ist kein Entzug, ein Untergang ist nicht vorliegend. Auch eine analoge Anwendung des Paragraphen liegt nicht vor.

Ergänzende Testamentsauslegung wird angewendet

Es wurde weiter die sogenannte ergänzende Testamentsauslegung seitens des Oberlandesgerichts geprüft. Sinn und Zweck der ergänzenden Testamentsauslegung ist es, dass auch in anderen als den gesetzlichen geregelten Fällen, in denen hinsichtlich des vermachten Gegenstandes nach der Testamentserrichtung eine Veränderung eingetreten ist, einen dem rechnungstragenden Willen des Erblassers, der in der Verfügung selbst nicht geäußert ist, Geltung verschafft werden soll. Es ist dann zu prüfen, ob der den Verhältnissen entsprechende Wille des Erblassers unterstellt werden kann, wenn er auf eine bestimmte, durch Auslegung der letztwilligen Verfügung erkennbare Willensrichtung des Erblassers zurückgeführt werden kann. Es ist zu fragen, welchen Willen die Erblasserin gehabt hätte, wenn sie bei Testamentserrichtung bereits gewusst hätte, dass das dem Beklagten als Vermächtnis zugewandte Fahrzeug im Zeitpunkt ihres Todes wird als solches noch als Ersatzfahrzeug vorhanden sein würde. Hierbei sind auch Umstände, die außerhalb des Testaments liegen zu prüfen.

Geldbetrag als Ersatz wurde nicht zugewendet

Das Oberlandesgericht kommt bei der ergänzenden Testamentsauslegung zu dem E, dass das notarielle Testament abschließend ist. Vor allen Dingen die Erwähnung des „Surrogats“ in der Vermächtnisanordnung spricht gegen eine vermächtnisweise Zuwendung eines Geldbetrages. Dies gilt auch für ein sogenanntes Wertvermächtnis bei Veräußerung zu Lebzeiten. Dies ist nicht speziell geregelt worden.

Es gab noch eine Zeugenvernehmung, wobei auch hier nicht mit hinreichender Überzeugung für das Gericht festgestellt werden konnte, dass der Beklagte das Geld als „Versorgung“ auf jeden Fall erhalten sollte. Dies wurde auch deshalb abgelehnt, da der Beklagte zusätzlich eine finanzielle Absicherung durch einen Vertrag zu Gunsten Dritter durch Todesfall aus dem Jahr 2007 in Form eines Sparbuchs mit einem Guthabenbetrag von fast € 25.000,00 ausbezahlt bekam.

Anmerkung von Herrn Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Thomas Maulbetsch

Es ist wieder mal ersichtlich, dass es wichtig ist, dass in einem Testament genau geregelt ist, was passieren soll, wenn ein Vermächtnisgegenstand am Todestag nicht mehr im Nachlass vorhanden ist.

Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte zu Unrecht unterstellt, dass er zwar ein Ersatzfahrzeug erhalten hätte, aber nicht den durch den Verkauf des Fahrzeugs erzielten Kaufpreiserlös.  Die testamentarische Regelung war diesbezüglich eindeutig.

Zur Abgrenzung zum Geldvermächtnis und den dortigen Problemen, verweise ich auf das anklickbare Video von mir.






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