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Thomas Maulbetsch - Fachanwalt für Erbrecht in Obrigheim bei Mosbach
01.11.2019

Haftung von Erben und Nachfolgerin in einem Mietverhältnis bei Tod des Mieters

Das Landgericht Bochum hat mit Grundurteil vom 22.02.2019 – 10 S 26/18 – folgende spannende Fallgestaltung aus dem Miet- und Erbrecht zu entscheiden:

Der Erblasser wohnte mit seiner Ehefrau in einer Mietwohnung. Er verstarb ohne Testament und wurde von seiner Ehefrau und einem Kind beerbt.

Es war jetzt strittig, in wie weit die Erben für Erblasserverbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis haften bzw. in wie weit die Ehefrau, die das Mietverhältnis für den Erblasser weiter führte für Ansprüche des Vermieters in Haftung zu nehmen ist.

Die Vermieterin forderte aus dem Mietvertrag gegenüber den beiden Beklagten Schadensersatz wegen einer Rückgabepflichtverletzung.

Mietverhältnis wurde fortgesetzt

Die Ehefrau des Erblassers haftet gem. § 563 b I BGB als Sonderrechtsnachfolgerin, da sie Kraft Gesetzt in das Mietverhältnis eingetreten ist. Sie hat von ihrem Ablehnungsrecht gem. § 563 III BGB keinen Gebrauch gemacht, so dass das Mietverhältnis mit dem Kläger nach dem Tod des Erblassers mit ihr allein fortgesetzt wurde.

Miterbe haftet für Nachlassverbindlichkeiten

Der weitere Miterbe haftet nur aus seiner Stellung als Erbe gem. § 1967 I BGB für Nachlassverbindlichkeiten. Dies sind diejenigen Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis, die bis zum Tod des Erblassers entstanden sind. Die Haftung aus § 563 b BGB wird davon nicht berührt. Somit hat der Vermieter ein Auswahlrecht, den Erben des ehemaligen Mieters oder den Rechtsnachfolgern des Mietverhältnisses in Anspruch zu nehmen. Strittig war jetzt eine Rückgabepflicht aus dem Mietverhältnis, da die Räumung des Mietobjektes nicht im ausreichenden Maße erfolgt ist. Ein Mieter ist bei Vertragsende grundsätzlich verpflichtet, das Mietobjekt in dem Zustand zurückzugeben, in dem es sich bei Vertragsbeginn befand. Weitergehende Veränderungen, z.B. Einrichtung, Aufbauten oder sonstige bauliche Maßnahmen, hat der Mieter zu beseitigen (BGH, NJW 2006, 2155).

Entstehung vor oder nach dem Todeszeitpunkt ist entscheidend

Das Landgericht Bochum urteilt noch aus, dass die Haftung der beiden Miterben nur für Altverbindlichkeiten gilt. Für die Abgrenzung, ob eine Verbindlichkeit eine Altverbindlichkeit ist, für welche der Erbe haftet, ist grundsätzlich danach zu entscheiden, ob sie mit dem Zeitpunkt des Todes schon entstanden war. Ist dies der Fall, so zählen diese zu den Erblasserschulden, welche wiederum als Nachlassverbindlichkeit i.S.v. § 1967 II BGB anzusehen sind.

Bei der hier vorliegenden Nichterfüllung einer Rückbauverpflichtung handelt es sich um eine solche Erblasserschuld, da diese Schuld vom Erblasser herrührt und schon mit der Vornahme des Einbaus bzw. des Eindringens entsteht. Insofern kommt es nicht auf den Eintritt der Fälligkeit des Beseitigungsanspruchs an. Dies hat zur Folge, dass der Erbe eine etwaige Rückbauverpflichtung des Erblassers übernimmt sowie im Falle der Nichterfüllung eine sich hieraus ergebende Schadensersatzpflicht.

In diesem Zusammenhang nimmt das Landgericht Bochum noch zu Recht dahingehend Stellung, dass eine Begrenzung der Erbenhaftung nur in Betracht kommt für Nachlassverbindlichkeiten mittels Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz, §§ 1975, 119 BGB.

Anmerkung von Fachanwalt für Erbrecht Thomas Maulbetsch

Das Landgericht Bochum urteilt zu Recht aus, dass neben der Haftung der Erben für Nachlassverbindlichkeiten noch durch die Fortsetzung der Mietverhältnisses eine weitere Haftung durch § 563 b BGB als Mithaftung des Rechtsnachfolgers im Außenverhältnis des Mietverhältnisses begründet wird. Dem Vermieter steht es insofern frei, den Erben oder den Rechtsnachfolger des Mietverhältnisses alternativ bzw. kumulativ in Anspruch zu nehmen.

 

Diese Fallgestaltung bzw. Problematik ergibt sich leider sehr oft in dem Fall, wenn der Erblasser Mieter einer Wohnung zu Lebzeiten war. Hierauf ist genau zu achten.






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