Das Finanzgericht Baden-Württemberg hatte mit Urteil vom 15.05.2019 – 7 K 2712/18 die folgende Fallgestaltung auszuurteilen:
Der Erblasser verstarb im Jahre 2013. Die Klägerin war seine Alleinerbin.
In der von der Klägerin abgegeben Erbschaftsteuererklärung begehrte diese u.a. einen Abzug von Steuerberatungskosten, die dadurch entstanden sind, dass beim zuständigen Einkommensteuerfinanzamt des Erblassers nach dessen Tod von diesem in der Schweiz erzielte Kapitalerträge für die Jahre 2002-2012 nacherklärt werden mussten. Hierauf ergingen geänderte Einkommensteuerbescheide im November 2013.
Weiter wollte die Klägerin in der Erbschaftsteuererklärung Kosten für die Räumung der Wohnung des Erblassers gelten machen.
Das zuständige Finanzamt als Beklagte verweigerte den Abzug der Aufwendungen für die Erstellung der Einkommensteuererklärung als Nachlassverbindlichkeit genauso wie die Kosten der Räumung der Wohnung.
Gegen diesen Erbschaftsteuerbescheid legte die Klägerin Einspruch ein.
Das Finanzgericht urteilt dagegen aus, dass die Steuerberatungskosten für die Nacherstellung der Einkommensteuererklärung für die Jahre 2002-2012 Nachlassverbindlichkeiten sind. Begründet wird dies mit § 10 V ErbStG da dies vom Erblasser herrührende Schulden sind.
Dabei sind als Nachlassverbindlichkeiten gem. § 1967 II BGB nicht nur die vom Erblasser herrührenden Schulden (Erblasserschulden), sondern auch die den Erben als solchen betreffenden Verbindlichkeiten (Erbfallschulden) anzusehen (BFH, Urteil vom 10.11.2015, VII R 35/13). Somit sind Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 10 V Nr. 1 ErbStG sowohl Verbindlichkeiten, die noch zu Lebzeiten der Erblassers entstanden sind, als auch Verbindlichkeiten, die erst durch oder nach dem Erbfall entstanden sind, aber für die der Rechtsgrund bereits zu Lebzeiten des Erblassers der Grund gelegt war.
Somit gilt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs als abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit auch die Steuerverbindlichkeit, die der Erblasser als Steuerpflichtiger durch die Verwirklichung von Steuertatbeständen zu seinen Lebzeiten begründet hat und die mit dem Ablauf des Todesjahres entstehen. Sie müssen demnach zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht vollwirksam entstanden sein. Nach diesen Grundsätzen können die Steuerberatungskosten abgesetzt werden.
Im Gegensatz dazu sind die Kosten für die Räumung der Eigentumswohnung nicht abzugsfähig als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 V Nr. 3 S. 1 ErbStG.
Diese Kosten stehen nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs. Das Merkmal „Unmittelbarkeit“ bedeutet nach dem Gesetzgeber, dass eine bloße Kausalität mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung eines Nachlasses oder zur Erlangung von dessen Erwerb allein nicht ausreicht, um eine Nachlassverbindlichkeit zu begründen. Der Begriff Nachlassabwicklungskosten ist weit auszulegen und umfasst u.a. die Kosten der Eröffnung des Testaments, die Erteilung des Erbscheins, der tatsächlichen rechtlichen Feststellung des Nachlasses, dessen Werts, der Kosten zur Umschreibung des Grundbuchs, die Kosten der Testamentsvollstreckung oder Kosten durch die Auflösung der Erbengemeinschaft.
Davon abzugrenzen sind Aufwendungen, die auf einem eigenen Willensentschluss des Erben beruhen. Erwerbskosten in diesem Zusammenhang sind die Kosten, die zur Erlangung des Erbes dem Erben entstanden sind, um rechtlich das Erbe antreten zu können, z.B. Erbenermittlungskosten, Prozess- oder Beratungskosten im Prozess gegen einen sich als vermeidlich Erbengerierenden. Das Kriterium der „Unmittelbarkeit“ in § 10 V Nr. 3 S. 1 ErbStG ist von deren S. 3 abzugrenzen, nach dem der die Kosten zur Verwaltung des Nachlasses nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden dürfen.
Somit gelten die Kosten für die Räumung als nicht abzugsfähig als Kosten der Verwaltung des Nachlasses nach S. 3.
Das Finanzgericht Stuttgart hat in erkennbarer Deutlichkeit klargestellt, dass im vorliegenden Fall die Steuerberatungskosten für nachzuversteuernden Zinsen, die der Erblasser nicht zu seinen Lebzeiten versteuert hat, richtigerweise Nachlassverbindlichkeiten sind. Das Finanzgericht hat ebenso zu Recht mitgeteilt, dass die Kosten für die Räumung der Wohnung des Erblassers nicht in die Erbschaftsteuererklärung aufnehmbar sind, da dies ein eigener Entschluss des Erben bzw. der Miterben ist, welcher vom Erbfall zeitlich unabhängig erfolgt.
Es ist deshalb leider immer noch hinzunehmen, dass die Räumung der Wohnung oder des Anwesens des Erblassers und die dadurch entstehenden Kosten Privatangelegenheit der Erben sind und somit erbschaftsteuerrechtlich nicht geltend gemacht werden können. Dass hierbei erhebliche Kosten für die Räumung entstehen können, spielt dabei leider keine Rolle.
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