Das Oberlandesgericht Schleswig hatte die Frage mit Beschluss vom 30.12.2022 – 2 Wx 29/22 – zu entscheiden, ob beim Vorliegen eines öffentlichen Testaments und einem zusätzlichen privatschriftlichen Testament das Grundbuchamt auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen kann.
Der 2017 verstorbene Erblasser setzte durch notarielles Testament aus dem Jahre 2014 seine drei Söhne zu Miterben zu je 1/3 ein. Mit zwei privatschriftlichen Testamenten, jeweils aus dem Jahr 2017, änderte er sein Testament von 2014. In einem Testament aus 2017 wurde eine Verwirkungsklausel vom Erblasser handschriftlich dergestalt niedergelegt, dass bei einer Klageerhebung seitens eines Miterben dieser Miterbe nur einen Pflichtteilsanspruch erhalten solle.
Die drei Miterben wollten jetzt das Grundbuch berichtigen lassen, da der Erblasser eine Immobilie hinterließ. Das zuständige Grundbuchamt gab den Miterben mit Zwischenverfügung auf, einen Erbschein vorzulegen. Daraufhin gaben der eingesetzte Testamentsvollstrecker und eine Angestellte der Notarin, die die eidesstattliche Versicherung des Testamentsvollstreckers beurkundete, die Erklärung ab, dass keiner der drei Miterben eine Klage erhoben hat. Das Grundbuchamt wies auch dies zurück und verlangte weiterhin die Vorlage eines Erbscheins. Dies wurde damit begründet, dass die spätere privatschriftliche Verfügung für die Erbfolge erheblich sei. Die Vorlage der eidesstattlichen Versicherung schließe die Nachweiskette nicht, weil die Verwirkungsklausel auf der späteren privatschriftlichen Verfügung beruhe. Gegen diese Zwischenverfügung des Grundbuchamts wurde Beschwerde zum OLG Schleswig eingelegt.
Das Oberlandesgericht Schleswig wies die Beschwerde als unbegründet zurück. Das Grundbuchamt hat dem Antragsteller mit der angegriffenen Zwischenverfügung zurecht aufgegeben, einen Erbschein zum Nachweis der Erbfolge vorzulegen gem. § 35 I 1 Grundbuchordnung (GBO).
Nach § 35 I 1 GBO ist der Nachweis der Erbfolge durch Vorlage eines Erbscheins zu führen. Der Vorlage eines Erbscheins bedarf es dann nicht, wenn die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen beruht, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, § 35 I 2 GBO.
Im vorliegenden Fall beruht die Erbfolge nicht allein auf dem notariell beurkundeten Testament aus dem Jahre 2014 weil ein späteres privatschriftliches Testament des Erblassers existiert, welches die Erbfolge berührt.
Bei Konkurrenz zwischen einem öffentlichen Testament und einer später errichteten privatschriftlichen Verfügung von Todes wegen kann das Grundbuchamt daher regelmäßig auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen, wenn das eigenhändige Testament nicht offenbar ungültig, widerrufen oder für die Erbfolge bedeutungslos ist.
Im vorliegenden Fall ist das privatschriftliche Testament für die Erbfolge bedeutend, weil es geeignet ist, die in der öffentlichen Urkunde getroffene Erbfolgeanordnung zu modifizieren oder zu beseitigen. Auch die eidesstattliche Versicherung des eingesetzten Testamentsvollstreckers und der bevollmächtigten Notarfachangestellten reichen nicht aus. Dies wäre selbst dann der Fall gewesen, wenn ein notariell beurkundeter Vertrag vorliegen würde, da es selbst dort einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung aller Beteiligten, demnach der Miterben, bedurft hätte.
Das Oberlandesgericht Schleswig urteilt zurecht aus, dass beim parallelen Vorliegen eines öffentlichen notariell beurkundeten Testaments und eines privatschriftlichen Testaments und einer Abänderung der Erbfolge durch das privatschriftliche Testament ein Erbschein benötigt wird.
Das notarielle Testament ersetzt im Regelfall den Erbschein. Hinterlässt jedoch der Erblasser keinerlei Immobilienvermögen, so wird im Regelfall ein Erbschein nicht benötigt. Die entsprechenden Bankguthaben können dann mit Vollmachten über den Tod hinaus einvernehmlich durch den Bevollmächtigten für die Erben auseinandergesetzt werden.
Nicht verwechselt werden darf dieser besprochene Fall mit der Fallkonstellation, wenn nur ein privatschriftliches Testament vorliegt, aus welchem sich die Erbfolge eindeutig ergibt. Hier darf eine Bank dann nicht auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen. Tut die Bank dies doch, hat die Bank die Kosten des Erbscheins als Schadensersatz zu tragen. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 05.04.2016 – XI ZR 440/15 ausgeurteilt.
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