Das Landgericht Frankenthal hatte mit Urteil vom 27.02.2025 – 8 O 189/24 – die folgende Fallgestaltung zu entscheiden:
Die zweite Ehefrau und Witwe des Erblassers klagte gegenüber dem Sohn des Erblassers aus erster Ehe auf Erstattung von Beerdigungskosten. Der Beklagte wurde aufgrund Testaments des Erblassers vom 16.01.2008 Alleinerbe. Die Klägerin hat die Bestattungskosten in Höhe von 7.530,79 € aufgewendet und forderte den Beklagten auf, diese Bestattungskosten als Alleinerbe des Erblassers zu bezahlen.
Nach dem Zugang des Aufforderungsschreibens erklärte der Beklagte fristgerecht die Anfechtung der Annahme der Erbschaft wegen Eigenschaftsirrtum und die Ausschlagung aus allen Berufungsgründen. Im Rechtsstreit war jetzt zu entscheiden, ob eine wirksame Anfechtung wegen einem relevanten Irrtum vorliegt.
Das Landgericht Frankenthal urteilt aus, dass die Klägerin nicht gegenüber dem Beklagten auf Grundlage von § 1968 BGB die Kosten der Beerdigung verlangen kann. Voraussetzung dieser Vorschrift ist, dass eine Erbenstellung des Beklagten vorliegt. Nach dem Urteil des Landgerichts Frankenthal hat der Beklagte eine wirksame Anfechtung als Ausschlagung der Erbschaft erklärt. Somit entfiel seine Erbenstellung rückwirkend wieder. Eine Kostenhaftung nach § 1968 BGB lag demnach nicht vor.
Nach den Angaben des Landgerichts Frankenthal ist die Anfechtung des Beklagten form- und fristgerecht erfolgt. Der Beklagte war auch anfechtungsberechtigt, denn er war bis zum Aufforderungsschreiben der Klägerin im Irrtum über eine sog. verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses gewesen, § 119 II BGB.
Von besonderer praktischer Bedeutung ist in Fällen der vorliegenden Art die Anfechtung wegen nicht erkannter Überschuldung des Nachlasses, was als Irrtum i. S. d. § 119 Absatz 2 BGB über eine sog. verkehrswesentliche Eigenschaft anerkannt ist. Der Beklagte hat im vorliegenden Rechtsstreit erst mit Bekanntgabe der Erstattungsforderung der Klägerin von der Überschuldung des Nachlasses des Erblassers Kenntnis. Der Erblasser selbst hat jahrelang in einem Pflegeheim gelebt, wobei die Klägerin die Kosten der Heimtragung von über 150.000,00 € selbst bezahlt hat. Der Erblasser hat zu seinen Lebzeiten gegenüber dem Beklagten erklärt, dass sein PKW zu seinen Lebzeiten für 8.000,00 € verkauft worden ist und dieses Geld für die Bestattung zur Verfügung steht. Dieses Geld war jedoch nicht mehr vorhanden, obwohl der Beklagte davon ausgegangen ist, dass dieses Geld für die Bezahlung der Beerdigungskosten zur Verfügung steht.
Somit hat sich der Beklagte über die Verpflichtung zur Tragung der Bestattungskosten geirrt. Es lag demnach ein relevanter Irrtum über den Nachlass vor, da der Beklagte im Unklaren darüber war, dass eine zur Überschuldung des Nachlasses führende Verbindlichkeit, nämlich diejenige aus § 1968 BGB, nicht durch einen Nachlassgegenstand, nämlich die aus dem Verkauf des PKW erlösten 8.000,00 €, gedeckt und abgesichert war.
Das Landgericht Frankenthal weist auch darauf hin, dass der Beklagte nicht über das öffentliche Recht nach § 9 Absatz 1 BestG haftet, da die Reihenfolge zunächst den Ehegatten und erst danach die Kinder bedingt. Die Klägerin ist die Ehefrau des Erblassers und Stiefmutter des Beklagten, so dass dieser für die Ausrichtung und Finanzierung der Bestattung des Erblassers aufgrund der Totenfürsorgepflicht aufkommen muss.
Das Landgericht Frankenthal urteilt richtig aus, dass der Beklagte im vorliegenden Fall die Annahme der Erbschaft wegen Anfechtung durch nicht erkannte Überschuldung des Nachlasses als Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft durchführen konnte.
Problematisch ist bei der Annahme einer Erbschaft immer die sog. 6-Wochen-Frist, nach welcher die Erbschaft automatisch angenommen wird. Zu diesem Zeitpunkt ist es im Regelfall nicht möglich, herauszufinden, ob der Nachlass tatsächlich überschuldet ist. Von daher ist eine Erbschaft immer anzunehmen. Sollte sich dann später aufgrund einer Änderung der Nachlasszusammensetzung herausstellen, dass der Nachlass negativ ist, so kann die Annahme der Erbschaft innerhalb von 6 Wochen ab diesem Kenntniszeitpunkt angefochten werden. Genau diese Fallgestaltung lag im vorliegenden Fall vor.
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