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Thomas Maulbetsch - Fachanwalt für Erbrecht in Obrigheim bei Mosbach
03.09.2021

Auslegung der Mitteilung des gemeinsamen Ablebens im Ehegattentestament

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte sich mit Beschluss vom 28.04.2021 – 3 Wx 193/20 – mit folgender Fallgestaltung zu beschäftigen:

Der Erblasser und seine im Jahre 2010 vorverstorbene Ehefrau testierten in ihrem gemeinsamen Ehegattentestament zunächst den ersten Erbfall und dann anschließend

„Im Falle eines gemeinsamen Ablebens, setzen wir als Erben ein ………..“.

Schlusserbeneinsetzung war strittig

Es war jetzt im Rahmen eines Erbscheinverfahrens strittig, wie die Formulierung „Im Falle eines gemeinsamen Ablebens“ auszulegen ist. Sollte dies eine Schlusserbeinsetzung sein oder tatsächlich nur für den Fall des gleichzeitigen Versterbens der Eheleute gelten.

Zeitlich größerer Abstand war gemeint

Das OLG Düsseldorf hat als Beschwerdeinstanz ausgeurteilt, dass die Erbeinsetzung „Im Falle eines gemeinsamen Ablebens“ der Eheleute im Hinblick auf die Frage, ob diese Formulierung auch den hier gegebenen Fall erfasst, dass die Eheleute in zeitlich größerem Abstand versterben, bejaht und dies nicht auf ein gleichzeitiges Versterben (z. B. im Falle eines Unfalles) beschränkt ist.

Erblasserwille wurde erforscht anhand der Auslegung des Testaments

Es wurde jetzt das Testament ausgelegt mit dem Hintergrund, dass der Wille des Erblassers zumindest im Testament angedeutet sein musste. Nach Mitteilung des OLG Düsseldorf ist die hier vorliegende Formulierung zeitlich neutral. Es kann unter Würdigung des gesamten Testamentsinhalts sowie der Beweggründe und Begleitumstände der Testamentserrichtung eine Auslegung dergestalt erfolgen, dass beide Ehegatten auch das Versterben beider Eheleute ohne Rücksicht auf den zeitlichen Abstand erfasst haben.

Gemeinsam ist nicht gleichzeitig in Bezug auf die die zeitliche Komponente

Die Formulierung „gemeinsam“ stellt gerade nicht auf gleichzeitiges Versterben ab. Das Adjektiv „gleichzeitig“ enthält eine zeitliche Komponente, die beim Adjektiv „gemeinsam“ fehlt. Nach allgemeinem Sprachverständnis hat das Wort „gemeinsam“ vielmehr die Bedeutung von „zusammen“, „miteinander“ oder „gemeinschaftlich“. Gemeint sein kann daher auch der „gemeinsame Zustand“ nach dem Versterben beider Ehegatten.

Da die beiden Erblasser kinderlos verstorben sind und gegenüber mehreren Zeugen auch die Einsetzung der beiden Beteiligten gegenüber Dritten geäußert haben und auch ein familiäres Verhältnis zu den beiden Eingesetzten bestand, spricht dies für ihren tatsächlichen Willen.

Eigene Anmerkung RA Thomas Maulbetsch

Der geneigte Leser sieht, dass es bei der Testamentserrichtung immer auf die entsprechende geeignete und juristisch genaue Wortwahl ankommt. Ist das Testament auslegungsbedürftig, so muss der Nachlassrichter anhand der ihm vorliegenden Vorgaben seitens des Bundesverfassungsgerichts mit der Andeutungstheorie und dem erkennbaren Willen der Erblasser anhand vorliegender Schriftstücke bzw. Zeugen den wirklichen Willen der Testierenden am Tag der Testamentserrichtung erforschen.

Es ist deshalb dann gut möglich, dass der tatsächliche Wille der Erblasser nicht erforscht werden kann. Somit ist immer dringend anzuraten, sich bei der Testamentserrichtung fachanwaltlichen Rat und Hilfe zu holen.

 






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