Das Kammergericht hat mit Beschluss vom 12.04.2019 – 19 W 42/19 – über die Beschwerde der Ehefrau des vorverstorbenen Erblassers zu entscheiden, die sich dagegen gewendet hat, dass das Nachlassgericht eine vollständige Kopie des Testaments des Erblassers und der Ehefrau, die keine Kinder hatten, den Geschwistern des Erblassers und dem im Ehegattentestament eingesetzten Schlusserben zukommen zu lassen wollte.
Der Erblasser und die Ehefrau haben 2006 ein notarielles Ehegattentestament errichtet und sich für den ersten Erbfall gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Das notarielle Ehegattentestament enthält eine Schlusserbeneinsetzung, jedoch ist der länger lebende Ehegatte berechtigt, sämtliche Verfügungen wieder frei zu ändern. Dies betrifft demnach auch die Schlusserbeneinsetzung.
Die Ehefrau wandte sich dann ans Nachlassgericht und wünschte, die Schlusserbeneinsetzung nicht zu veröffentlichen.
Das Kammergericht hat zu Recht Ihre Beschwerde als begründet ausgeurteilt. Die schriftliche Bekanntgabe einer letztwilligen Verfügung ist in § 348 III FamFG geregelt. Dabei ist anerkannt, dass gesetzliche Erben bei jeder Beeinträchtigung ihrer erbrechtlichen Stellung grundsätzlich die gesamte Verfügung von Todeswegen bekannt gegeben wird, da sie nur dann beurteilen können, ob der Erblasser möglicherweise nicht testierfähig war und ob ein Anfechtungsgrund gegeben ist (Kammergericht OLGZ 1979, 269, 271 ff.; Muscheler in MünchKomm/FamFG 3. Aufl. 2019, § 348 Rn. 33). Ausnahme ist, soweit der Beteiligte von einem bestimmten Inhalt der Verfügung nicht betroffen sein kann. Dies gilt beispielsweise bei einem Vermächtnisnehmer, dem die Namen anderer Vermächtnisnehmer nicht mitgeteilt werden müssen.
In einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament kann der überlebende Ehegatte ein Geheimhaltungsinteresse an Teilen des Testaments geltend machen, so dass das Nachlassgericht zu prüfen hat, ob der Beteiligte, welchem die Verfügung bekannt gegeben werden soll, von dem fraglichen Testamentsteil in seinen Rechten im weiteren Sinne betreffend sein könnte. Dies ist im vorliegenden Fall bei den Geschwistern des Erblassers nicht der Fall. Somit überwiegt das Geheimhaltungsinteresse der Antragstellerin.
Dem Schlusserben ist demnach das Testament nicht bekannt zu geben, da die Schlusserbenstellung jederzeit vom länger lebenden Ehegatten widerrufen werden konnte (ebenso OLG Zweibrücken, ZEV 2010, 476). Es fehlt, so das Kammergericht, an einer unmittelbaren Wirkung auf die Rechtstellung der begünstigten Person in diesem Sinn.
Eine der wenigen Beschlüsse bzw. Urteile in diesem Fachzusammenhang. Richtig urteilt das Kammergericht aus, dass das Geheimhaltungsinteresse des überlebenden Ehegatten im vorliegenden Fall wegen der freien Abänderbarkeit der Schlusserbeneinsetzung gegenüber der Kenntnis von der Schlusserbeneinsetzung des Schlusserben überwiegt.