Das Kammergericht hatte mit Beschluss vom 27.06.2023 – 1 W 2/23 – die folgende Fallgestaltung zu entscheiden:
Die Eltern der Beteiligten waren je zu 50 % eingetragene Miteigentümer einer Immobilie. Die Eltern sind im Jahre 2021 und 2022 verstorben. Das Nachlassgericht erteilte der Beteiligten am 14.10.2022 ein sog. Europäisches Nachlasszeugnis, welches ihre Mutter als Alleinerbin nach ihrem Vater ausweist. Ein weiteres europäisches Nachlasszeugnis des Nachlassgerichts vom selben Tag weist die Beteiligte als Erbin der Mutter aus.
Die Beteiligte hat jetzt unter Beifügung der durch das Nachlassgericht gefertigten beglaubigten Abschriften der beiden europäischen Nachlasszeugnisse beim Grundbuchamt die Berichtigung des Grundbuchs beantragt. Die Form der eingereichten europäischen Nachlasszeugnisse wurden beanstandet. Diese seien je „urkundlich zu verbinden“. Die Beteiligte legte Beschwerde ein.
Das Kammergericht als Beschwerdeinstanz gab der zulässigen Beschwerde den Erfolg. Es besteht kein Eintragungshindernis, so dass kein Anlass für den Erlass einer Zwischenverfügung bestand, § 18 Abs. 1 S.1, 2. Alt. GBO.
Der Nachweis der Erbfolge kann gegenüber dem Grundbuchamt nur durch einen Erbschein oder ein europäisches Nachlasszeugnis geführt werden. Dabei ist dem Grundbuchamt entweder der Erbschein in Urschrift oder in Ausfertigung vorzulegen. Der Ausfertigung eines Erbscheins entspricht die nach Art. 70 Abs. 1 EuErbVO dem Antragsteller auszustellende beglaubigte Abschrift der beim Nachlassgericht verbleibenden Urschrift des europäischen Nachlasszeugnisses.
Solche beglaubigten Abschriften hat die Beteiligte zum Nachweis der Erbfolge nach ihren Eltern mit den beiden europäischen Nachlasszeugnissen vorgelegt. Diese beglaubigten Abschriften sind eine sonstige Eintragungsvoraussetzung im Sinne von § 29 Abs. 1 S. 2 GBO. Welche Förmlichkeiten bei der Ausstellung der Urkunde zu beachten sind, sind nicht in der Grundbuchordnung geregelt, sondern richten sich nach den für die Erteilung des Zeugnisses maßgebliche Vorschriften. Diese sind hier eingehalten worden.
Das für die Ausstellung des europäischen Nachlasszeugnis zuständige Nachlassgericht hat das Formblatt 5 in Anhang 5 zur Durchführungsverordnung zu verwenden. Dies ist vorliegend geschehen. Beide beglaubigten Abschriften der europäischen Nachlasszeugnisse entsprechen dem Formblatt 5, insbesondere sind die Beglaubigungsvermerke auf S. 7 unterschrieben und mit dem Siegel des Nachlassgerichts versehen worden. Die Vollständigkeit der beglaubigten Abschrift der ENZs ergeben sich aus den auf S. 1 bezeichneten Anlagen, der fortlaufenden Paginierung der einzelnen Seiten sowie der Angaben ihrer Gesamtzahl auf S. 7. Darüber hinaus sind die einzelnen Blätter des Zeugnisses mittels Heftung miteinander verbunden worden. Damit kann die Rechtsnachfolge nach den verstorbenen Eigentümern des Grundstücks formell nachgewiesen werden im Sinne von § 35 Abs.1 S.1, § 29 Abs.1 S.2 GBO.
Eine „urkundliche Verbindung“ der einzelnen Blätter bedarf es nicht. Für dieses Verlangen besteht keine Rechtsgrundlage. Das Beurkundungsgesetz findet keine Anwendung. Weiter dient der Zweck des europäischen Nachlasszeugnisses in erster Linie der Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in welchem das Zeugnis erteilt wurde. Somit müssen sich die auf das Zeugnis anzuwendenden Formalien einheitlich nach dem europäischen Recht richten.
Dem widerspräche es, wenn bei der Verwendung im Mitgliedstaat der Ausstellungsbehörde, strengere Anforderungen an die Form gestellt würden, so das Kammergericht. Weiter verlangt das nationale Recht außerhalb des Beurkundungsgesetzes weder bei der Beglaubigung noch bei der Ausfertigung einer aus mehreren Blättern bestehenden Urkunde eine über die vorhandene Heftung hinausgehend Verbindung der einzelnen Blätter. Es genügt bei der Beglaubigung wie bei der Ausfertigung, dass sich die anzubringenden Vermerke unzweideutig auf das gesamte Schriftstück erstrecken und mit diese zu einer Einheit verbunden sind. Dafür genügt regelmäßig eine auf der letzten Seite angebrachter Vermerk und eine physikalische Verbindung der einzelnen Blätter, die als dauergewollt erkennbar und nur durch Gewaltanwendung zu lösen ist. Dies ist auch bei einer Verbindung mittels Heftklammer der Fall.
Im vorliegenden Fall waren die vorgelegten beglaubigten Abschriften der europäischen Nachlasszeugnisse am Schluss des Formblatts Nr. 5 mit einem Siegel des Nachlassgerichts versehen, von dessen Rechtspflegerin unterschrieben sowie geheftet.
Das Kammergericht entscheidet zu Recht für die Beschwerdeführerin. Die formellen Voraussetzungen an eine beglaubigte Abschrift des europäischen Nachlasszeugnisses folgen aus dem Unionsrecht. Das nationale Grundbuchrecht gebietet keine strengeren Anforderungen. Der Beschluss gibt Rechtsicherheit.