Das Oberlandesgericht Köln hat mit Urteil vom 15.06.2020 – 12 U 1566/19 – eine alltägliche Fallgestaltung zu entscheiden:
In einem Pflichtteilsrechtstreit wollte eine beklagte Erbengemeinschaft eine Zuwendung der verstorbenen Mutter, der Erblasserin, an eines ihrer Kinder, der Klägerin, als Anrechnung auf deren Pflichtteil geltend machen.
Die Erblasserin selbst hatte zu eigenen Lebzeiten der Klägerin Geld überwiesen und jeweils beim Verwendungszweck „Erbteil“ angegeben. Weitere Angaben waren nicht im Verwendungszweck enthalten.
Das OLG Koblenz hat in der Berufungsinstanz richtig ausgeurteilt, dass ohne weitere Anhaltspunkte über eine Auslegung hinaus im vorliegenden Fall keine Anrechnung auf den Pflichtteil aufgrund des Verwendungszwecks „Erbteil“ zu sehen ist.
Nach der eindeutigen Gesetzesbestimmung des § 2315 BGB und der dazu vorliegenden Rechtsprechung muss vor oder bei der Zuwendung angeordnet werden, dass der Zuwendungsempfänger sich den zugewendeten Gegenstand, hier den Geldbetrag, auf seinen späteren Pflichtteil anrechnen lassen muss. Beweisbelastet ist für eine diesbezügliche Anrechnungsbestimmung auf den Pflichtteil der Erbe. Dies konnte die beweisbelastete beklagte Erbengemeinschaft nicht nachweisen
Im vorliegenden Fall kam das Oberlandesgericht sogar zu dem Schluss, dass die Anrechnungsbestimmung erst nachträglich durch den Erblasser erfolgt ist, da dies in seinem Testament enthalten war. Folge hiervon ist jedoch nicht, dass eine Anrechnung auf den Pflichtteilsanspruch der Klägerin zu erfolgen hat.
Eine alltägliche Fallgestaltung, die vom Oberlandesgericht Koblenz richtig ausgeurteilt worden ist. Vielfach fällt es den Erblassern, im Regelfall den Eltern, zeitlich später nach der Übertragung einer Zuwendung an ein Kind ein, diese Zuwendung auf den Pflichtteilsanspruch des Kindes anzurechnen sei. Dies geschieht im Regelfall dann, wenn es später zum Streit zwischen den Eltern und dem Kind kommt.
Das Gesetzt sagt jedoch eindeutig, dass diese Anrechnung auf den Pflichtteil vor oder bei der Zuwendung zu erfolgen hat. Es ist deshalb immer wichtig für Eltern bei Geldzuwendungen an eines oder mehrere Kinder, sich schriftlich bestätigen zu lassen, dass diese Zuwendung auf einen späteren Pflichtteilsanspruch, der insbesondere bei einem Berliner Ehegattentestament im ersten Erbfall anfällt, anzurechnen ist. Dies wird leider häufig vergessen.