Das Berliner Kammergericht hatte mit Beschluss vom 13.11.2018 – 1 W-323/18 – die relevante Rechtsfrage zu entscheiden, ob ein Testamentsvollstrecker befugt ist, eine Generalvollmacht an eine dritte Person zu erteilen, um seine Aufgaben als Testamentsvollstrecker auf eine dritte Person zu übertragen. Es hat hierbei die bisherige Rechtsprechung des Kammergerichtsenats durch Beschluss vom 24.10.1929 (1 X 613/29-JFG 7, 279) weiterentwickelt. Dem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Grundbuch war noch die ursprüngliche Eigentümerin, welche 2004 verstarb, eingetragen. Sie wurde vom Erblasser beerbt, der 2007 nachverstorben ist. Der Erblasser wurde ihr Alleinerbe. Die Erben des Erblassers sind mittlerweile in Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen. Der Erblasser hat auch Testamentsvollstreckung bis zum 31.12.2030 angeordnet. Das entsprechende Testamentsvollstreckerzeugnis liegt vor.
Im Jahr 2011 erteilte die Testamentsvollstreckerin den Beteiligten zu 2 eine notarielle Generalvollmacht, sie „in allen meinen Angelegenheiten zu vertreten, soweit das Gesetzt eine Vertretung zulässt“. Der Beteiligte zu 2 bewilligte und beantragte anschließend zu notarieller Urkunde im Namen der Beteiligten zu 1 (die Testamentsvollstreckerin) für diese in einem Grundbuch ein lebenslanges Nießbrauchsrecht sowie eine aufschiebende auf den Tod der Testamentsvollstreckerin bedingtes, mit dem Ablauf des 31.12.2013 erlöschendes Nießbrauchsrecht für sich selbst und die Beteiligte zu 3.
Im Oktober 2017 hat der beurkundende Notar beim Amtsgericht zum Vollzug den darin enthaltenen Antrag eingereicht. Mit einer Zwischenverfügung hat das Grundbuchamt die Auffassung vertreten, die Beteiligte zu 2 könne auf Grund der ihr erteilten Vollmacht nicht auf die Tätigkeiten der Beteiligten zu 1 als Testamentsvollstreckerin ausüben und die Bewilligungsbefugnis der Beteiligten zu 1 sei deshalb nicht nachgewiesen.
Da das Grundbuchamt einer Beschwerde nicht abgeholfen hatte, urteilte das Kammergericht aus, dass die erhobene Beschwerde zulässig und erfolgreich ist. Das Kammergericht urteilte aus, dass das vom Grundbuchamt aufgezeigte Hindernis nicht besteht, da die Zwischenverfügungen nicht gem. § 18 I 1 2. Alt. GBO veranlasst waren.
Das Grundbuchamt hat zu Recht die Befugnis der Testamentsvollstreckerin zur Verfügung über einen Nachlassgegenstand verlangt. Das Testamentsvollstreckerzeugnis befindet sich in der Grundakte. Dies ist ausreichend. Das Testamentsvollstreckerzeugnis hat im Grundbuchverfahren volle Beweiskraft, § 35 I, II GBO. Das Amt der Testamentsvollstreckerin war auch nicht beendet. Es bestehen auch keine ernsthaften, auf Tatsachen begründeten Zweifel an der Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zu 1. Eine andere Bewertung folgt nicht aus der der Beteiligten zu 2 erteilten Vollmacht unter dem Umstand, dass diese unter Ausnutzung der Vollmacht für die Beteiligte zu 1 hier handelt. Die erteilte Generalvollmacht steht unter keinem Vorbehalt und ist der Beteiligten zu 2 demnach unbedingt erteilt worden. Danach unterfallen die Namen der Beteiligten zu 1 abgegebenen Erklärungen der Generalvollmacht unbeschränkt.
Die von der Beteiligten zu 2 im Namen der Beteiligten zu 1 (Testamentsvollstreckerin) erklärten Bewilligung wirkt für und wider diese, §§ 164 I, 167 BGB, auch in deren Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin über den Nachlass des Erblassers. Gemäß §§ 2218 I, 664 I 1 BGB, der Testamentsvollstrecker sein Amt selbst zu führen und darf im ersten Zweifel nicht einen Dritten übertragen (Palandt/Weidlich, BGB, 77. Aufl. § 2218 Rn. 2). Hiervon zu unterscheiden ist die Bevollmächtigung Dritter durch den Testamentsvollstrecker. Seit jeher galt die Rechtsprechung, dass der Testamentsvollstrecker sich für die Besorgung einzelner Geschäfte eines Vertreters bedienen darf.
Auch die Erteilung einer Generalvollmacht ist jedenfalls dann nicht ausgeschlossen, wenn der Erblasser keine abweichenden Anordnungen getroffen hat und der Generalbevollmächtigte lediglich widerruflich bestellt worden ist (Senat, Beschluss vom 24.10.1929 – 1 X 613/29-JFG 7, 279, 281). Tritt kein anderer an die Stelle des Testamentsvollstreckers, vielmehr bleibt dieser berechtigt, neben dem Bevollmächtigten persönlich aus eigenem Recht Rechtsgeschäfte für den Nachlass vorzunehmen. Von dieser Rechtsprechung abzuweichen besteht im vorliegenden Fall kein Grund. Der Erblasser hat die Erteilung einer Vollmacht nicht ausgeschlossen. Die Generalvollmacht ist nicht unwiderruflich erteilt worden und das Amt der Beteiligten zu 1 als Testamentsvollstreckerin wird vom Umfang der Generalvollmacht umfasst. Es muss dabei nicht ausdrücklich bezeichnet werden.
Da weitere Hindernisse zur beantragte Eintragung des Nießbrauchs nicht bestehen, und es sich bei der Erfüllung eines Vermächtnisses durch den dazu berufenen Testamentsvollstrecker nicht um eine unentgeltliche Verfügung im Sinne des § 2205 Satz 3 BGB handelt, weil sie den Erben einen Vermögensvorteil durch Befreiung von einer Nachlassverbindlichkeit bringt, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und das Grundbuchamt anzuweisen, den Antrag der Beteiligten zu 1 zu vollziehen.
Eine interessante Entscheidung, die im Rahmen der Aufgabenübertragung bzw. der Erteilung einer Vollmacht seitens eines Testamentsvollstreckers zukünftig Rechtsicherheit ergibt. Mit der richtigen Auffassung des Kammergerichts ist der Testamentsvollstrecker berechtigt, einer anderen Person eine Generalvollmacht für seine Tätigkeiten zu erteilen, wenn der Erblasser im Testament bzw. in der Testamentsvollstreckeranordnung keine gegenteiligen Anordnungen getroffen hat und wenn als weitere Voraussetzung, die Vollmacht nicht unwiderruflich erteilt worden ist.
Es besteht demnach jetzt Rechtsicherheit für heutige und zukünftige Testamentsvollstrecker, dass diese im Bedarfsfall Vollmachten an Dritte zur Erfüllung ihrer Testamentsvollstreckertätigkeiten erteilen dürfen.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass per Internet / Formular keinerlei Rechtsberatung stattfinden kann.
Kontakt