Sittenwidrige Eheverträge spielen in neuester Zeit auch im Erbrecht eine große Rolle. Das OLG Oldenburg hatte mit Beschluss vom 10.05.2017, 3 W 21/17, einen diesbezüglichen Fall zu entscheiden:
Der 1950 geborene Mann und die 1970 geborene Ehefrau schlossen vor ihrer Ehe einen notariellen Ehevertrag, da die Ehefrau vom Mann ein Kind erwartete. Zum damaligen Zeitpunkt war die Ehefrau Auszubildende in der Tierarztpraxis des Mannes. Im notariellen Ehevertrag wurden der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft und der Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Der Ehefrau sollten zudem Unterhaltsansprüche nur bis zum 8. Lebensjahr des jüngsten ihrer möglichen Kinder zustehen. Für den Zeitraum danach wurde ein Unterhaltsverzicht vereinbart. Aus der Ehe selbst gingen dann 3 Kinder hervor. Der Ehemann verstarb 2016.
Die überlebende Ehefrau beantragte jetzt trotz Ehevertrag einen Erbschein anhand der gesetzlichen Erbquoten mit dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die Ehefrau hätte hierbei eine Miterbenquote von ½ und die Kinder von jeweils 1/6. Zunächst wurde ihr Antrag vom zuständigen Amtsgericht als Nachlassgericht abgelehnt, das OLG Oldenburg hat dann ihre Beschwerde zu Recht nicht zurückgewiesen.
Hintergrund der Entscheidung des OLG Oldenburg war, dass der Ehevertrag sittenwidrig war. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Ehevertrages lag keine Sittenwidrigkeit vor, jedoch ist durch die Rechtsprechung des BGH im Laufe der letzten Jahre jetzt Sittenwidrigkeit eingetreten. Die Sittenwidrigkeit lag vor, da der Ehevertrag die Ehefrau sehr stark benachteiligte. Bereits die Unterhaltsregelung bei Scheidung hat dazu geführt, dass die Frau die Kinder hätte betreuen müssen, ohne Unterhalt verlangen zu können. Gleichzeitig hätte die Ehefrau vorhersehbar keine eigene Altersversorgung aufbauen können und aufgrund des Ausschlusses des Zugwinns auch nicht an dem in der Ehe erworbenen Vermögen teilhaben können.
Laut der Rechtsprechung des BGH ist deshalb eine verwerfliche Gesinnung des Ehemannes zu erkennen, der die ungleichen Verhandlungspositionen einseitig ausgenutzt und damit die subjektive Vertragsparität gestört hatte. Der Mann hat die Zwangslage der wirtschaftlich und sozial abhängigen Ehefrau für sich ausgeschöpft. Die Ehefrau ist damals jünger gewesen und hat über weniger Lebenserfahrung verfügt. Zudem standen sich Arbeitgeber und Auszubildende gegenüber. Laut dem OLG Odenburg ist der Ehevertrag zwar nicht in seinen einzelnen Elementen sittenwidrig und nichtig, aber im Zusammenspiel der Vertragsteile. Er ist demnach wirkungslos.
Vorliegende Eheverträge sind immer anhand der Rechtsprechung des BGH auf Sittenwidrigkeit zu überprüfen. Dies gilt insbesondere dahingehend, wenn durch den Ehevertrag die gesetzlichen Erbquoten abgeändert wurden bzw. evtl. ein Zugewinnausgleichsanspruch im Ehevertrag ausgeschlossen wurde.
Im vorliegenden Fall ist ersichtlich, dass die völlige Ausnutzung der einseitigen Position des Ehemannes gegenüber seiner Ehefrau bei Abschluss des Ehevertrages zu dessen Sittenwidrigkeit und demnach auch zur gesetzlichen Erbfolge der Ehefrau geführt hat. Der Rechtsprechung des OLG Oldenburg ist auf jeden Fall zuzustimmen. Wie bereits mitgeteilt, ist heute beim Abschluss eines Ehevertrages die Rechtsprechung des BGH zur Sittenwidrigkeit zu beachten. Weiter sind natürlich ebenso erbrechtliche Gegebenheiten immer zu berücksichtigen.
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