Das OLG München hatte mit Berufungsurteil vom 06.12.2017, Az.: 7 U 1519/17, folgende Fallgestaltung zu entscheiden:
Die im Jahre 2015 verstorbene Erblasserin hat im Jahre 2013 den Beklagten, der Mitglied der Erbengemeinschaft nach der Erblasserin ist, eine notarielle Vorsorgevollmacht und eine Bankvollmacht erteilt. Der § 666 BGB wurde in der notariellen Vorsorgevollmacht nicht abbedungen. Nach dem Tod der Erblasserin verlangt die Klägerin als Miterbin vom Beklagten ein Bestandsverzeichnis zum Todestag der Erblasserin, Auskunft über die für die Erblasserin getätigten Rechtsgeschäfte, eine Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben, die der Beklagte als Bevollmächtigter getätigt hat, und die Herausgabe von noch bei ihm vorhandenen Urkunden an die Miterbengemeinschaft.
Das LG München und das OLG München als Berufungsinstanz bestätigten weitestgehend die Klageanträge der Klägerin. Aus dem Urteil ist ersichtlich, dass bei Erstellung einer notariellen Vollmacht und einer Bankvollmacht die Rechte aus dem Auftragsverhältnis zwischen dem Erblasser und den Bevollmächtigten auf die Miterbengemeinschaft nach dem Tod des Erblassers übergehen. Somit konnte die Miterbengemeinschaft im vorliegenden Fall nach dem Tod der Erblasserin die klageweise geltend gemachten Ansprüche durchsetzen.
Das OLG München urteilt eine häufig vorkommende Sachverhaltsdarstellung richtig aus. Solange die Erblasserin zu Lebzeiten nicht den Bevollmächtigten kontrollieren und ihm Entlastung erteilen kann, steht dieses Recht dann im Tod des Erblassers dem oder den Erben zu.
Das Urteil ist jedoch nicht verallgemeinerungsfähig, da jeweils genau der Einzelfall betrachtet werden muss. Hierzu gibt es mittlerweile zahlreiche Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und auch des BGH. Dabei wird immer auch u. a. das „Näheverhältnis“ zwischen dem Vollmachtgeber (= Erblasser) und dem Bevollmächtigten berücksichtigt. Dies war im vorliegenden Fall ohne Belang, da das OLG München das „Näheverhältnis“ mit keinem Wort erwähnt.
Es ist darauf hinzuweisen, dass bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht immer der Rat eines Fachanwalts für Erbrecht eingeholt bzw. die Erstellung durch diesen erfolgen sollte, da eine Vorsorgevollmacht nicht nur einfach das Ankreuzen eines Formulars ist, sondern sich in einer Vorsorgevollmacht hoch komplexe vertragliche Situationen „verstecken“, die dem Vollmachtgeber und auch dem Bevollmächtigten eingehend erläutert werden müssen, um beide Vertragsparteien über die Risiken und mögliche Probleme nach dem Tod des Vollmachtgebers umfassend aufzuklären.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass per Internet / Formular keinerlei Rechtsberatung stattfinden kann.
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