In einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 27.04.2022, 2 Wx 72/22, war strittig, ob ein rechtskräftig gewordenes Versäumnisurteil hinsichtlich der Frage der Erbunwürdigkeit Bindungswirkung auch für das Erbscheinverfahren und die Erteilung eines Erbscheins entfaltet.
Die Beteiligte zu 1. Beteiligten hatte vor dem zuständigen Landgericht Klage auf Feststellung der Erbunwürdigkeit der anderen Beteiligten zu 2. erhoben mit der Begründung, dass die andere Beteiligte zu 2. das gemeinschaftliche Testament des Erblassers mit Beteiligten zu 2. erst nach dem Erbfall auf einem zuvor vom Erblasser mit einer Paraphe versehenen Blankopapierbogen errichtet habe.
Es erging dann Versäumnisurteil des zuständigen Landgerichts Köln gemäß dem Klageantrag dahingehend, dass die Erbunwürdigkeit der Beteiligten zu 2 hinsichtlich des Nachlasses des Erblassers festgestellt wurde. Ein Versäumnisurteil ergeht dann, wenn der Beklagte sich nicht rechtzeitig dagegen verteidigt. Einen späteren Einspruch gegen das Versäumnisurteil hat die Beteiligte zu 2 nicht eingelegt.
Es war jetzt strittig, ob dieses Versäumnisurteil, in welchem nach dem Klageantrag, soweit der flüssige Sachvortrag des Klägers das Urteil rechtfertigt, diese im Erbscheinverfahren ebenso Geltung haben kann.
Das Oberlandesgericht Köln als Beschwerdeinstanz im Rahmen des Erbscheinverfahrens urteilt aus, dass bei einem stattgegebenen rechtskräftigen Versäumnisurteil nach ganz herrschender Meinung es ein sogenanntes Gestaltungsurteil ist, das mit dem Eintritt der Rechtskraft die Unwürdigkeit herbeiführt, selbst wenn es unrichtig ist.
Allerdings hat die Bindung die Gestaltungswirkung für das Erbscheinverfahren die Grenze der Rechtskraft im Bezug auf die Feststellung der Erbunwürdigkeit als negative Feststellung des Erbrechts.
Die Bindungswirkung des Feststellungsurteils des Landgericht Köln für das erbrechtlich nicht nur inhaltliche, sondern auch formaler Natur. Das Urteil des Prozessgerichts hat Vorrang. Die Bindungswirkung des Versäumnisurteils könnte allenfalls dann entfallen, wenn sich auf Grund späterer Erkenntnisse des Nachlassgerichts dieses als falsch herausstellt und dessen Ausnutzung im Erbscheinverfahren ausnahmsweise als sittenwidrig zu bewerten ist, § 826 BGB. Diese beiden Voraussetzungen waren jedoch nicht vorliegend. Es liegt auch nicht das sittenwidrige Erschleichen eines Titels vor.
Das Oberlandesgericht Köln urteilt richtig aus, dass das rechtskräftige Versäumnisurteil im Erbscheinverfahren innerhalb der Grenzen der Rechtskraft zu beachten ist. Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte sich nicht gegen die Unwürdigkeitsklage gewehrt und muss demnach im späteren Erbscheinverfahren dies gegen sich gelten lassen.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Hürden für die Feststellung einer Erbunwürdigkeit sehr hoch sind und im Regelfall parallel ein Strafverfahren einzuleiten ist bzw. unter gewissen Voraussetzungen ein Strafverfahren bereits rechtskräftig entschieden wurde. Die Erbunwürdigkeitsgründe sind in § 2339 BGB abschließend aufgezählt.
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